Christopher Lee als Dr.Fu Man Chu: Eine Einführung und Übersicht

Die insgesamt fünf von dem Engländer Harry Alan Towers (der unter dem Namen Peter Welbeck auch die Drehbücher schrieb bzw.massgeblich an ihnen beteiligt war) mit der deutschen Constantin-Film und weiteren Ländern co-produzierten Filme aus den Jahren 1965 bis 1969 wurden nach den Edgar Wallace- und den Karl May-Verfilmungen zu einer weiteren, sehr erfolgreichen deutschen Filmreihe ihrer Zeit.
Zugleich war die Filmreihe aber auch wohl die umstrittenste in der vor allem deutschen Öffentlichkeit, da sie mit ihren zahlreichen und teilweise (für die Zeit) expliziten Gewaltszenen als die „brutalste“ galt und dementsprechend vor allem von der konservativen Presse heftig kritisiert und angefeindet wurde. Und das, obwohl die deutschen Versionen jeweils sofort um etwa zehn Prozent Lauflänge gekürzt und teilweise anders als die im Ausland gezeigten Versionen geschnitten wurden, und auch nur diese Versionen synchronisiert und in Deutschland aufgeführt wurden. Bis heute sind vier der fünf Filme (Ausnahme: Film eins) in Deutschland mit einer FSK 16 bewertet, nicht alle Filme werden im Fernsehen gezeigt und Veröffentlichungen mit den ungekürzten Versionen darauf dürfen mangels deren FSK-Bewertung sogar nicht an Minderjährige abgegeben werden.
Dennoch kann man sagen, daß selbst die ungekürzten Versionen eher als Thriller und als Grusel-, denn als Horrofilm bezeichnet werden sollten und heutzutage doch eher als „harmlos“ durchgehen. Teilweise können die Filme ob ihrer abgefahrenen Waffen und bizarren Gefahrenquellen für die Welt und aufgrund ihrer gerne überdrehten Darstellungen gar als Persiflage angesehen werden- als Trash vom allerfeinsten in jedem Fall.



Christopher Lee (der in drei Wallace-Verfilmungen bis Mitte der sechziger Jahre dabei war, darunter in „Das Geheimnis der gelben Narzissen als chinesischer Polizist, und zudem als Darsteller des Winnetou gecastet worden war und sogar Testaufnahmen absolviert hatte, dann aber nicht berücksichtigt wurde, da er dem auch-Wallace-Produzenten Horst Wendlandt „in der Öffentlichkeit zu bekannt“ war) brilliert in diesen Verfilmungen als von der Weltherrschaft besessener, 
ebenso genialer wie skrupelloser und zweifellos wahnsinniger, gern nach China verorteter, aber von Geburt her tibetischer Schurke in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Er wurde von tibetischen Mönchen in deren geheime und geheimnisvolle Wissenschaften eingewiesen, und kann als hochintelligent gelten. Oder, wie sein Widersacher Smith es in einem Film ausdrückt, „Natürlich ist er wahnsinnig, aber nicht so, wie Sie denken“.
Christopher Lee zeigt Fu Man Chu in allen Facetten als den ultimativ diabolischen Superverbrecher, der ohne jede Rücksicht auf andere seine Ziele erreichen will und spielt dabei in allen Filmen herausragend, wie immer, wenn er „dem Bösen“ verschiedene Nuancen geben konnte. Er ist vor allem dank seiner mehr als gelungen geschminkten Augen auch als Chinese glaubhaft (dazu sollte man noch wissen, daß er die chinesische Sprache tatsächlich etwas beherrschte und die in den Filmen ab und an vorkommenden dementsprechenden Dialoge ohne Sprachlehrer absolvieren konnte. Ansonsten wurde er in allen Filmen der Reihe wunderbar von Herbert Weicker synchronisiert, siehe unten).
Zwar wurde der Charakter der Titelfigur recht genau aus den Romanvorlagen des Engländers Sax Rohmer (1883-1959) entlehnt, doch, wie auch bei den Wallace- und May-Verfilmungen „üblich“, ansonsten (spätestens ab dem dritten Film) nur frei mit Geschichten, Motiven und anderen Charakteren „umgegangen“ und diese teilweise stark verändert verwendet. Keiner der Filme existiert unter dem gleichen Titel in Deutschland als Roman, obwohl es derer insgesamt dreizehn veröffentlichte gibt.
In den ausländischen Versionen wird (wie in den originalen Werken) die Titelfigur als (ohne Dr.) Fu Manchu geschrieben.


Die Verfilmungen sind qualitativ leicht bis mittelschwer unterschiedlich ausgefallen (vor allem die Tricks sind teilweise selbst für ihre Zeit auffällig kostensparend und damit vor allem aus heutiger Sicht schlecht gemacht, so wie auch Miniaturbauten als solche leicht erkennbar sind), sind aber allesamt, auch dank der jeweils illustren deutschen Darstellerriegen, ansonsten ohne Einschränkungen zu empfehlen. Die vielen exotischen Schauplätze (an denen trotz der gelungenen Ansichten in den Filmen nie gedreht worden war, so entstand zum Beispiel der erste Film komplett in Irland) sorgen für Abwechslung, die zum Teil sehr geschickt eingefädelten Handlungsbögen auch heute noch für spannende Unterhaltung.
Auffallend ist auch die oft ins psychedelisch-(damals in den Sechzigern)moderne übergehende und damit (insbesondere das immer wieder genutzte Titelthema) für die Filme vielleicht zu moderne Musik von Gert Wilden (der auch die Musik für einige Teile des „Schulmädchenreport“ schrieb). Diese wurde aber in allen Filmen jeweils nur in der deutschen Version verwendet; die Originalmusik ist ungleich verhaltener.



Neben Christopher Lee in der Titelrolle ist zum einen die britisch-chinesische Schauspielerin Tsai Chin (auch bekannt als Bond-Girl in "Man lebt nur zweimal" von 1967) in allen fünf Filmen der Reihe vertreten. Sie spielt des Schurken hübsche, aber nicht minder grausame Tochter Lin Tang, die treu und ergeben an der Seite ihres Vaters steht. Ihre Mutter und deren Schicksal findet in den Filmen nie Erwähnung.
Nur Howard Marion-Crawford taucht als Pathologe Dr.Petrie ebenfalls in allen Filmen auf, wobei er mal mehr, mal weniger Szenen hat (was in den deutschen Kinoversionen gerne an den Kürzungen gegenüber der Originalversion liegt).
Fu Man Chu's grösster Widersacher, der Polizeicommissioner Nayland Smith wird von insgesamt drei Schauspielern verkörpert (im ersten Film von Nigel Green, in den folgenden zwei Filmen von Douglas Wilmer und in den letzten beiden Werken von Richard Greene), und bei den Nebendarstellern kann man ab und an aus anderen Filmen der Reihe vertraute Gesichter (wieder-)erkennen, zumeist allerdings in unterschiedlichen Rollen.


Hinweis: Die einzelnen Filmbesprechungen beziehen sich jeweils auf die deutschen, also gekürzten Fassungen. Durch Entfernen und/oder Umschnitte von Szenen und durch die Synchronisation ergeben sich teils Abweichungen von Einzelheiten der Handlung der ungeschnittenen, englischsprachigen Fassungen.

Bei den einzelnen Filmbesprechungen findet sich jeweils der Link zur Webseite schnittberichte.com, auf der genaue Vergleiche zwischen der Original- und der deutschen Fassung nachzulesen sind.

Die Filme:

1965 Ich, Dr.Fu Man Chu
1966 Die dreizehn Sklavinnen des Dr.Fu Man Chu
1967 Die Rache des Dr.Fu Man Chu
1968 Der Todeskuss des Dr.Fu Man Chu
1969 Die Folterkammer des Dr.Fu Man Chu





Für Deutschland synchronisiert wurden jeweils nur die bereits vor der FSK-Vorlage geschnittenen Filme, so daß es von den Originalversionen keine komplett eingedeutschten Fassungen gibt. Bei als ungekürzt angebotenen deutschen Versionen wurden die geschnittenen Szenen in ihren Originalversionen eingefügt und untertitelt.

Christopher Lee wurde in allen Filmen der Reihe kongenial passend von Herbert Weicker (Foto unten, 1921-1997) synchronisiert. Seitdem sprach Weicker ihn sehr oft und trotz Unterbrechungen auch immer wieder, bis in die Neunzehnhundertneunziger Jahre hinein. Bekannt wurde Herbert Weicker jedoch vor allem als Stimme von Leonard Nimoy’s „Mr.Spock“ in der originalen „Raumschiff Enterprise“-Fernsehserie und den darauffolgenden Kinofilmen- diese Rolle sprach er laut offiziellen Angaben über 100mal in 23 Jahren.