Italien/D,
1972 – Originallänge (Italienische Kinofassung): 92 min./Kino D:
84 min. – FSK*
Italienischer
Originaltitel:
Sette
orchidee macchiate di rosso (Sieben rot gefleckte Orchideen)
Erklärung für den italienischen Originaltitel siehe unten über dem Spoiler
* Seit 1991 hat die deutsche Kinoversion in D eine FSK 12 (früher FSK 16). Heutige VÖ sind jedoch meist mit FSK 16, da sich dann die (längere) englischsprachige Version („Seven Blood-Stained Orchids") mit auf der VÖ befindet.
Schnittvergleich zwischen der Original- und der deutschen Fassung (Externer Link).
Drehzeit:
6.September-23.Oktober 1971,
komplett in Italien (Studio in Rom:
Aussenaufnahmen in Rom und Spoleto, Perugia/Umbria)
Kinopremieren:
Italien- 24.Februar 1972; D- 30.Juni 1972
Darsteller:
Antonio
Sabato als Mario Gerosa – Deutsch: Thomas Danneberg
Uschi Glas
als Giulia Torresi, seine Verlobte – Deutsch: Sie selbst
Pier
Paolo Capponi als Polizeiinspektor Vismara – Deutsch: Edgar
Ott
Marisa Mell als Anna Sartori/Maria Sartori – Deutsch: Beate
Hasenau
Renato Romano als Priester – Deutsch: Gerd
Martienzen
Aldo Barberito als Polizeileutnant Palùmbo -Deutsch:
Klaus Miedel
Franco Fantasia als Polizeileutnant Renzi –
Deutsch: Friedrich G.Beckhaus
Bruno Corazzari als Barrett, Freund
von Frank Saunders – Deutsch: Arne Elsholtz
Rossella (hier
als:
Ella) Falk als Elena Marchi – Deutsch: ?
Marina Malfatti als
Kathy Adams – Deutsch: Ursula Heyer
Claudio Gora als Raffaele
Ferri, damaliger Hotelgast – Deutsch: Hans W.Hamacher
Nello Pazzafini als Giovanni Rau, Erster Verdächtiger
– Deutsch: Klaus Sonnenschein
Petra
Schürmann als Concetta di Rosa – Deutsch: Ursula Herwig
Gabriella Giorgelli als Marcella, „Die Toskanerin“ – Keine
Sprechrolle
Ivano
Davoli als Palmieri, Ehemann von Anna Sartori – Deutsch: Klaus
Sonnenschein
Enzo Andronico als Hoteldirektor –
Deutsch: Peter Schiff
Linda Sini als Wanda, Boutiquenangestellte –
Deutsch: ?
Carla Mancini als Anna's Dienstmädchen – Deutsch:
?
u.A.
Ungenannt:
Camille
Keaton (siehe „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“) als
Hippiemädchen auf der Couch – Keine Sprechrolle
Stimme von Edgar Wallace (Intro): Alfred Vohrer
In
Rom werden innerhalb weniger Stunden eine Prostituierte und eine
amerikanische Künstlerin brutal ermordet, und der Täter hinterlässt
an den Tatorten jeweils einen silbernen Halbmond-Anhänger mit Kette.
Ein sonstiger Zusammenhang zwischen den Opfern ist zunächst nicht
erkennbar.
Dann wird auf Giulia Torresi ein Mordanschlag verübt,
und wieder bleibt der silberne Anhänger zurück- doch Giulia
überlebt. Die Polizei täuscht mit ihrem Einverständnis ihren Tod
vor, und beobachtet bei ihrer „Beerdigung“ die „Gäste“, um
eventuelle Verdächtige aufzuspüren. Ein Fehlschlag, und auch das
Geständnis des Ganoven Rau gibt dieser letztlich nur unter Druck der
Polizei ab- er ist unschuldig, wie der nächste Mord beweist.
Giulia
und ihr Verlobter Mario verlassen die Stadt, damit der Mörder
weiterhin denkt, sie wäre tot. Plötzlich kann sich Giulia an
Vergangenes erinnern, und der Zusammenhang zwischen den Opfern wird
nach und nach deutlich. Zwei Jahre zuvor waren die Frauen Gäste in
einem Hotel gewesen, wo auch ein Amerikaner (Frank Saunders)
verkehrte, der einen solchen Anhänger besass. Dieser starb bei einem
Verkehrsunfall, den eine Frau (die nicht identifiziert werden konnte)
verschuldet haben musste, die zu der Zeit in dem Hotel wohnte. Der
Täter scheint also auf Rachetour zu sein, und keine der noch
lebenden und auch in Frage kommenden Frauen, die sich damals in dem
Hotel aufhielten, ist mehr sicher.
Skeptisch gegenüber der
Polizei, ermittelt vor allem Mario auf eigene Faust.
Als
sich Barrett, ein Freund Frank Saunders', erhängt, scheint dieser
als Täter überführt und der Fall gelöst, doch Mario weiss, daß
der wahre Täter seinen Rachefeldzug zu Ende führen und die Polizei
nur ablenken will- zumal er die Existenz von Fred, eines Bruders von
Frank, in Erfahrung bringen konnte...
Auch eine der bis heute erfolgreichsten deutschen Filmreihen (wenn nicht spätestens aufgrund ihrer Langlebigkeit die erfolgreichste) musste einmal ihr Ende finden und so wurde der „silberne Halbmond“ der letzte in Deutschland aufgeführte Wallace-Film der Reihe- obwohl er wenige Tage vor seinem Vorgänger „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ abgedreht worden war.
Hauptgrund für das Ende der Reihe war wohl in erster Linie der über die Jahre nachlassende kommerzielle Erfolg (in einer Zeit, in der das deutsche Kino allgemein in einer Krise steckte). Die Reihe hatte es nicht geschafft, eine neue Zuschauerschicht anzulocken und zu halten, die „älteren“ Fans erkannten die Filme nicht mehr wieder (vor allem die italienischen Coproduktionen, deren Gestaltung mehr und mehr von den südeuropäischen Geldgebern dominiert wurde), und neue (also junge) Fans konnten nicht in grösserer Zahl gewonnen werden. Trotz aller (manchmal krampfhaften) „Modernisierungen“ war Wallace einfach nicht mehr im (deutschen) Zeitgeist „drin“ (selbst nackte Brüste, von denen es diesmal unter anderem in einer arg klischeehaften Hippiekommune besonders viele zu sehen gibt, schaute man lieber anderswo an), und an der Gesamtqualität der Filme haperte es (manchmal aber nur in der Zuschauer Augen) inzwischen halt auch hier und da- da nützte auch der liebgewonnene und auch hier vorhandene „Hallo, hier spricht...“-Einheizer nichts mehr. Daß auch beim letzten Film mal wieder der Trailer schon den Täter verriet (eine der letzten Szenen ist enthalten) sei erwähnt.
Doch der „Halbmond“ hat (spielt er auch diesmal als erster Film der Reihe komplett in Italien und unterschlägt damit jeglichen Britannienflair) seine Stärken jenseits der Positionierung innerhalb der Filmreihe. Er ist ein für sich srehender und insgesamt ideenreich geschriebener und von Regisseur Umberto Lenzi kniffig inszenierter (internationaler) und farbenfroher Thriller, der sich durchaus kurzweilig-angenehm sehen lässt (Die Originalversion ist ein lupenreiner, typisch harter Giallo, mit weitaus heftigerer Eröffnungsszenen und „ausgeschmückteren“ Morden- auch die schwarzen Handschuhe dürfen nicht fehlen. Hier ist auch Schock und nicht nur Grusel angesagt. Das in Italien jeglicher Verweis auf Wallace weggelassen wurde, hatte damit zu tun, daß der Schriftsteller dort recht unbekannt ist). Die Handlung ist folgerichtig und aufregend, selten hakt es oder der Film verlässt die Regeln der Logik- die Geschichte legt ihre falschen Fährten und präsentiert Verdächtige um Verdächtigen (Was haben die nur alle zu verbergen, daß man sie alle für Täter hält?), hält sich aber zum Glück nicht allzu lange daran auf, und selbst, wenn die Motivation der Taten relativ früh bekannt wird (beziehungsweise es nicht schwer ist, sie als Zuschauer zu kombinieren), heisst das noch lange nicht, daß auch der Täter entlarvt ist- so einfach ist es nicht, der Plot hat immer noch Potential, um weiter bei Laune zu halten.
Zum Ende gibt es dann eine sehr (auch-)Wallace-erprobte Auflösung mit Überraschungsmörder- klar, man wusste schon, wer und warum, aber wer sich hinter dem Unhold verbarg, das ist dann ein echt cooler Twist (und nicht die einzige „Hommage“ an die „alten“ Wallace-Filme, denn ein paar Abläufe wie Verfolgungen und schemenhafte Erscheinungen könnten so auch mal in Schwarz/weiss gesehen worden sein- ob das Absicht von Umberto Lenzi war, er im Hinterkopf vielleicht tatsächlich schon die absehbaren deutschen Kürzungen hatte, die diese Szenen besonders herausheben würden, das ist jedoch unbekannt, galt Lenzi doch als nicht gerade Deutschlandaffin).
Die Kamera arbeitet temporeich und hat tolle Perspektiven in unheimlicher Gänsehaut-Giallomanier zu bieten, die Kulissen werden dadurch gelungen betont und entfalten, obwohl oft nur sparsam präsentiert, eine tolle Wirkung. Das Licht ist hervorragend eingesetzt und betont Dunkelszenen, ohne dem Zuschauer die Sicht darauf unnötig schwer zu machen. Der (deutsche) Schnitt kaschiert zudem die Kürzungen gut und vermeidet hektisches.
Die Musik ist unaufgeregt (man könnte meist auch sagen: unpassend), zwischen falsch eingesetzt und nervigem Italogedudel.
Enorm negativ fällt aber das starre Spiel der Hauptdarsteller Sabato und Glas auf. Da ist nichts glaubhaft, die Mimik stets gelangweilt gleich, das Verhalten in jeder Situation kühl und uninteressiert an dem, was passiert- Leute, warum macht ihr Filme, wenn ihr keinen Bock drauf habt (Uschi Glas, warum hast Du überhaupt jemals Filme gemacht, bei ihr war mans ja gewöhnt, wie zum Beispiel auch hier, so traurig das klingt). Zum Glück kann das Ensemble überzeugen, bei dem ausser Glas nur noch Petra Schürmann als bekanntes deutsches Gesicht auftaucht- und das in der deutschen Fassung wahrlich kurz.
Fazit:
Da
fehlt der Londoner Nebel nicht nur, weil wir in Italien sind, sondern
auch sprichwörtlich- der Film ist vertrackt genug, um uns den
kompletten Durchblick lange zu verweigern und mit immer neuer
Spannung bei Laune zu halten, aber nicht zu
undurchsichtig, so daß wir den Geschehnissen immer gut folgen
können.
Ein den Hauptdarsteller„leistungen" zum Trotz überwiegend würdiger Abschied von der Reihe, der zwar im Grossen
und Ganzen nichts mehr mit Wallace zu tun hat, aber tatsächlich
lassen einige wenige Sequenzen erkennen, daß Regisseur Lenzi die
alten Schwarz/Weiss-Wallace's gekannt haben muss- diese durchaus
auffälligen Ähnlichkeiten sind bestimmt kein Zufall.
Stab:
Regie:
Umberto Lenzi
Drehbuch: Umberto Lenzi, Roberto Gianviti
Story:
Umberto Lenzi
Ein
Roman von Edgar Wallace unter dem Titel des Films existiert nicht. In
Deutschland offiziell als „Nach Motiven von“ vermarktet, wurde
jedoch eine komplett neue Geschichte erdacht. Inwiefern Inhalte aus
dem ursprünglichen Drehbuch von Paul Hengge (dessen Name im
deutschen Vorspann sogar genannt wird und der angeblich tatsächlich noch
Motive von Wallace verwendet haben soll) in das endgültige Drehbuch
einflossen, ist unbekannt.
Kamera:
Angelo Lotti
Musik: Riz Ortolani
Schnitt der Originalfassung:
Eugenio Alabiso
(Assistenz: Amadeo Moriani)
Schnitt der deutschen
Fassung: Clarissa Ambach
Produktionsdesign:
Giacomo Calò Carducci
Make Up: Sergio Angeloni, Anna
Graziosi
Kostüme: Giulia Mafai
Regieassistenz: Fulvio
Barresi
Produktionsleitung: Sergio Ronelli, Herbert
Kerz
Produktion (für Rialto Film): Horst Wendlandt
Erklärung
für den italienischen Originaltitel:
Giulia,
Anna Sartori, Elena, Kathy, Concetta, „Die Toskanerin“ und eine
weitere, zumindest in der deutschen Fassung nicht auftretende Frau
(wurde wohl schon vor Handlungsbeginn abgemurkst oder schlicht
rausgeschnitten), sind die Sieben
für den Tod von Frank Saunders in Frage kommenden Personen (damalige
weibliche Hotelgäste). Daher hat der Mörder auch sieben
blutrot gefleckte Orchideen
auf das Grab von Frank gelegt.
Spoiler:
Mario hat aufgrund ihres Verhaltens längst Anna Sartori (die auch damals im Hotel war) im Verdacht, damals den Unfall verschuldet zu haben, und sucht sie auf. Anna's Zwillingsschwester Maria war ebenfalls ermordet worden, doch hatte der Täter sie mit Anna verwechselt.
Anna Sartori gesteht Mario schliesslich ihre Schuld am Tod von Frank Saunders, ihrem damaligen Geliebten (es steht im Raum, wird aber offen gelassen, ob sie den Unfall absichtlich herbeiführte, um Frank loszuwerden). Sie kann Mario Frank's Bruder Fred beschreiben (der seinem Bruder einst einen „silbernen Halbmond“-Anhänger als Glücksbringer geschenkt hatte und daher jeweils einen als „Erinnerung“ bei den Mordopfern hinterliess) und Mario erkennt sofort, um wen es sich handelt (Wirklich ein toll gemachter Überraschungscoup, denn den hatte man wirklich nicht verdächtigt)- es ist der Priester (Zuvor herrlich harmlos gespielt von Renato Romano), den Mario bei seinen Recherchen mehrfach befragt hatte. Mario begibt sich sofort zur (seltsamerweise nicht mehr von der Polizei beschützten) Giulia, und dort kommt es zum Kampf zwischen ihm und Fred Saunders. Der Mörder ertrinkt während der Auseinandersetzung im Swimmingpool.
Fred Saunders erfährt somit nicht mehr, daß er die wahre Schuldige für den Tod seines Bruders nicht ermordet hatte, sondern „nur“ deren Zwillingsschwester.
Bodycount:
(Alle Taten begangen vom Priester/Fred Saunders, siehe Spoiler)
- Vor dem Vorspann: Eine alte Dame wird in ihrem Bett erstochen- in der Originalfassung wird klar, daß sie die Mutter des nächsten Opfers ist und der Mörder das Bild ihrer Tochter vom Nachttisch benötigte, um diese zu erkennen. Der Mord also hat mit dem eigentlichen Motiv nichts zu tun.
- Vor dem Vorspann: Marcella alias „Die Toskanerin“, eine Prostituierte, wird im Feld, in das der Mörder sie gelockt hat, erschlagen.
- Minute 14: Kathy Adams wird in ihrer Wohnung erwürgt.
- Minute 16: Der fehlgeschlagene Mordanschlag auf Giulia (siehe Inhalt).
- Minute 33: Elena Marchi (Foto oben Links) wird in dem Sanatorium, in dem sie eingeliefert ist, in einer Badewanne ertränkt.
- Minute 47: Concetta di Rosa (Foto oben Rechts) wird in einem Beichtstuhl erwürgt.
- Minute 64: Maria Sartori (und damit die „Falsche“ der Zwillingsschwestern) wird mit einer Bohrmaschine getötet (Foto unten Links).
- Minute 71: Barrett wird erhängt aufgefunden (Foto unten Rechts; doch der Selbstmord ist nur vorgetäuscht, um die Polizei zu narren- und wahrscheinlich, um ihn loszuwerden, da Barrett die Wahrheit kannte).
- Minute 82: Der Mörder wird von Mario während ihres Kampfes im Swimmingpool ertränkt.