(95) Veröffentlichung: 19.April 2021

(Titel der deutschen Kino-Erstaufführung)
Später auch: Schwarze Messe auf blutrotem Altar; Deutscher TV-Titel: Der Fluch der Hexe
GB, 1968 – Originallänge: 89 min.*/Kinofassung GB und D: 87 min. – FSK 16

Originaltitel:
Curse Of The Crimson Altar (Der Fluch des purpurfarbenen Altars)
Drehzeit: 22.Januar-29.Februar 1968

Kinopremieren:
GB- 8.Dezember 1968; D- 15.August 1969
* Die noch vor der Kino-VÖ in GB von der dortigen Zensurbehörde entfernten etwa 2 Minuten- darunter die Szene einer Auspeitschung einer Frau- wurden bis heute nicht veröffentlicht.

In den USA startete der Film als
The Crimson Cult am 15. April 1970 in den Kinos; spätere VÖ dort auch als: The Crimson Altar.

Darsteller:
Boris Karloff als Professor John Marsh
Christopher Lee als Mister Morley
Mark Eden als Robert Manning
Barbara Steele als Lavinia Morley, die Hexe
Virginia Wetherell als Eve Morley, Mister Morley's Nichte
Michael Gough als Elder, Angestellter von Mister Morley
Rupert Davies als Der Vikar
Rosemarie Reede als Esther, Robert's Freundin
Michael Warren als Basil, Chauffeur von Professor Marsh
Denys Peek als Peter Manning, Ron Pember als Tankwart, Derek Tamley als Richter (in Robert's Traum)
u.A.
Zu den deutschen Synchronisationen siehe ganz unten

Anmerkung:
Der ursprüngliche deutsche (Kino-)Titel ist (natürlich) sachlich falsch. Ein „Dracula“ taucht hier nicht auf, nicht einmal ein Vampir- wieder einmal sollte mit Christopher Lee (der den Film übrigens einmal als „einen der schlechtesten meiner Karriere“ bezeichnte, die Arbeit mit Karloff jedoch ausdrücklich lobte) hierzulande quasi (falsche) Kasse gemacht werden. Genutzt hat es allerdings eher nicht.

Prolog:
Peter Manning nimmt hypnotisiert an einer schwarzen (sehr grünstichig gedrehten, aber dafür umso gruseligeren) Messe teil. Die Hexe Lavinia (Eigenaussage: „Die Mutter aller Mysterien und Hüterin der schwarzen Geheimnisse“) fordert ihn auf, seinen Namen in ein Buch zu schreiben. Nachdem er dies getan hat, ersticht er in seiner Trance eine nackte Frau auf dem (Originaltitelgebenden) Altar und wird mit einem Brandzeichen auf der Brust versehen.
Haupthandlung:
Robert, Peters Bruder, reist, auf der Suche nach dem vermissten Peter, nach Craxted Lodge, von wo ein letzter Brief von Peter, geschrieben auf dem Briefpapier eines Mister Morley, kam. Dieser behauptet zwar, keinen Peter Manning zu kennen, bietet Robert aber eine Unterkunft an. So bleibt Robert und erlebt in dem Dorf die alljährliche Feier anlässlich des Prozesses gegen Lavinia Morley, eine direkte Vorfahrin seines Gastgebers (Und- keine Überraschung- die Hexe aus dem Prolog), und ihre Verbrennung als Hexe im Jahr 1652. Auch lernt er Eve, Morley's Nichte, und den Fachmann für Hexen und schwarze Magie, Professor Marsh, kennen, der gerade für ein neues Buch Nachforschungen anstellt.
In den nächsten Nächten hat Robert seltsame Träume, in denen sein Bruder, die Hexe, das Buch, in das auch er sich eintragen soll, und eine „dämonische“ Gerichtsverhandlung
(Szenenfoto unten Rechts) Hauptrollen spielen. Doch sind es wirklich nur Träume- schliesslich wird er von der Hexe verletzt und wird schlafwandelnd und blutend von der Polizei auf dem alten Friedhof gefunden. Eve kümmert sich um ihn, und beide beginnen ein Verhältnis.
Nachdem Robert den Messenraum aus seinen Träumen in real im Haus findet, wendet er sich an Professor Marsh, der ihn über die Hintergründe der „Traum“-Inhalte aufklärt, und ihm eröffnet, daß die Manning's Nachfahren eines der Ankläger gegen Lavinia sind und daher auch er in Gefahr ist.
Mit Hilfe von Eve und Marsh verdichtet sich Robert's Verdacht gegen Morley, etwas mit dem Verschwinden Peter's und den unheimlichen Vorfällen zu tun zu haben...

Nicht nur die Hammer
und die Amicus hielten den britischen Gothichorror seit den 1950er Jahren wieder hoch, auch diverse kleinere Filmproduktionen versuchten immer wieder, teils (mehr oder auch weniger) künstlerisch wie kommerziell erfolgreich, teils nur (oft schlecht) kopiert, dem Genre ebenfalls Leben einzuhauchen und ihren Stempel aufzudrücken. Die Tigon British gehörte zu den erfolgreicheren und auch engagierteren ihrer Zeit, und war neben diesem Film unter anderem auch für den im gleichen Jahr erschienenen, formidablen „Der Hexenjäger“ mit Vincent Price verantwortlich. Natürlich muss sich der Film, auch, weil er es zwangsläufig geradezu provoziert, mit Werken der Hammer vergleichen lassen, doch muss ein Vergleich genauso auch hinken, stand doch den Machern noch weniger Geld zur Verfügung, als es die Hammer ihren Leuten üblicherweise gönnte.

Bei einfach gehaltenen, geradezu sparsamen (und ausschliesslich Innen-, aber kaum Studio-) Kulissen; trotz manch inhaltlichem Anschlusspatzer und Logikhumplern (und zu langen Dialogen um Selbstverständlich- und Offensichtliches); und auch, wenn er sich hier und da nicht ganz entscheiden wollte, ob der Film moderner (Eine wilde Siebziger Jahre-Drogen-und Nackte Frauen-Party stört den Filmfluss gewaltig,
Szenenfoto oben Links) oder in bester Manier „Gothisch“ daherkommen sollte (ein Makel, der auch für die Musik gilt), gelang Regisseur Sewell (ansonsten ohne bekanntere Arbeiten) ein vor allem optisches Meisterwerk.
Farbenfroh (ein Sonderlob der herausragenden Hexenmaskierung), in den Traumsequenzen leicht psychedelisch (
da hat Sewell wohl genau bei Corman's Poe-Verfilmungen hingeschaut) angehaucht, brilliant ausgeleuchtet und elegant fotografiert erzeugt der Film eine allgegenwärtige Atmosphäre sich langsam steigernden Grusels. Das gleicht die mangelnde Innovation und Originalität der Handlung (die auch in ihren Twists recht vorsehbar ist) aus, und sorgt dafür, daß man den Film als Gesamtkunstwerk sehen und geniessen kann.

Die Horrorfilmikonen Lee und Karloff (die beide in ihrer Karriere, jeder für sich und in seiner Generation, viele Kultfiguren wie „Dracula“, „Frankensteins Monster“ oder die „Mumie“ gespielt haben) spielen routiniert-würdevoll und überzeugend, doch für ihre Verhältnisse etwas zurückhaltend, gegen die Nuancenarmut ihrer Charaktere an (Mehr gemeinsame Szenen wären dabei keine schlechte Idee gewesen). Solchen Kalibern zuzusehen, ist immer ein Geschenk (auch, wenn Karloff in seinem letzten „richtigen“ Film
* sichtlich Altersgeschwächt ist). Man weiss anfangs nicht, wer von beiden den Guten und wer den Bösen mimt (Oder ob nicht gar beide Übles im Schilde führen)- ein Kniff, der leider zu früh aufgelöst wird.
*
Danach drehte er in England noch Soloszenen für insgesamt vier mexikanische(!) Science-Fiction-Trashgurken, die dann in den jeweiligen Film hineingebastelt wurden.

Mark Eden als Robert (tatsächlich mit mehr Auftrittszeit versehen als die beiden „Zugpferde“ des Films) braucht Zeit, um in den Film „hinein zu kommen“- anfangs agiert er noch zu steif und zu staksig, bevor er, quasi je gefährlicher es für ihn wird, seinen Part beherrscht und dann auch richtig in Aktion verfällt.

Barbara Steele als Sexyhexe aus der Vergangenheit erledigt ihre Auftritte grandios arrogant und furchteinflössend- daß dabei teils der Eindruck aufkommt, sie sei gelangweilt, scheint aber zur Rolle dazugehört zu haben.

Virginia Wetherell ist entzückend ohne grosse Aufmerksamkeit zu bekommen, und Michael Gough in seiner Minirolle spielt den „Irren“, im wahrsten Sinne des Wortes „Spielen“, famos.


(Seltene)
Dialogperle:
„Als könnte Boris Karloff hier jede Minute auftauchen...“ (Robert Manning 's Kommentar zum Interieur von Morley's Haus, nur Sekunden bevor Karloff tatsächlich seinen ersten Auftritt im Film hat).


Fazit:

Zwar wurde nicht alles richtig gemacht, aber der Film ist ein kleines, feines, und insgesamt eher stilles Hexenschätzchen, das vor allem dank seiner Visualität und der Besetzung Lee/Karloff/Steele sowohl ansehnlicher Kult wurde als auch ein Muss für den Fan ist.

Stab:
Regie: Vernon Sewell
Drehbuch: Mervyn Haisman, Henry Lincoln
Story/Früher Drehbuchentwurf: Jerry Sohl
Einzelne Motive von H.P.Lovecraft
(Erzählung „The Dreams In The Witch House“/„Träume im Hexenhaus“, 1932)

Kamera: John Coquillon
Musik: Peter Knight
Schnitt: Howard Lanning (Assistenz: Marion Curren, Jonathan Morris)
Produktionsdesign: Derek Barrington
Bauten: Maurice Smith
Kostüme: Michael Southgate
Make Up: Elizabeth (=Betty) Blattner, Pauline Worden
Regieassistenz: Denny Lewis
Associate Producer: Gerry Levy
Executive Producer: Tony Tenser
Produktion: Louis M.Heyward

Spoiler:
Erst, als Robert den ermordeten Elder und eine Kette seines Bruders findet, glaubt die Polizei seinen Verdacht und rückt aus.
Morley, ein Anhänger des Hexenkultes, hat derweil Benzin im Haus verteilt (
was zu diesem Zeitpunkt der Handlung für den Zuschauer noch nicht viel Sinn ergibt, er aber wohl tut, weil er sich in die Enge getrieben sieht), und will seine eigene Nichte, die er inzwischen als Verräterin sieht, der Hexe opfern (Foto Oben). Auch Robert bringt er in seine Gewalt.
Im letzten Moment kann Professor Marsh, der die ganze Zeit auch gegen Morley recherchierte, die beiden retten, indem er Morley anschiesst. Dieser setzt das Haus in Brand. Morley lässt sich von der anrückenden Feuerwehr nicht retten, und verbrennt gewollt auf dem Dach seines Hauses (Foto Unten).

Professor Marsh begründet die Ereignisse mit der Hypnotisierung der Beteiligten und „erläutert“, daß Mister Morley alle Nachfahren der damaligen Ankläger von Lavinia Morley (zu denen ja auch die Manning's gehören) töten wollte.
Alle Anwesenden sehen in der letzten Szene Lavinia's Gesicht über dem brennenden Haus- sie lacht laut.
Ende.

Bodycount:
- Minute 3: Peter Manning (Foto Links) ersticht eine unbekannte Frau als Opfer für die Hexe.
-
Minute 70: Robert Manning findet die Leiche Elder's. Weder der Mörder noch der Tathergang werden gezeigt. Zu vermuten ist aber, daß Mister Morley der Mörder war, auch, wenn kein Motiv erkennbar ist.
-
Finale: Mister Morley (siehe Spoiler).

Der Verbleib von Peter Manning bleibt letztlich ungeklärt, doch sein Tod ist wahrscheinlich (und wird von Elder einmal auch als solcher erwähnt).

Deutsche Synchronisation:
Es existieren zwei deutsche Synchronfassungen, wovon die ältere, für die Kinoaufführung erstellte, die eindeutig besser (passender) besetzte und technisch überzeugendere ist- diese ist Standard bei heutigen VÖ.
Die zweite wurde 1991 für eine Fernsehausstrahlung erstellt, unter anderem ist hier Sportreporter Addi Furler ein ebensolcher Totalausfall für Christopher Lee wie 1983 bei einer Video-Neusynchronisation von „Totentanz der Vampire“.für Peter Cushing.

Kinosynchronisation/Fernsehsynchronisation:
Thomas Reiner/Addi Furler für Christopher Lee
Klaus W.Krause/? für Boris Karloff
Michael Eder/Jürg Löw für Mark Eden
?/Regina Albrecht für Barbara Steele
Lis Verhoeven/? für Virginia Wetherell