USA, 1983 - Kinofassung: 113 min. - FSK 16
Originaltitel: Psycho II
Drehzeit: 30.Juni -
13.August 1982
Kinopremieren: USA- 3.Juni 1983; D- 15.Juli
1983
Darsteller:
Anthony
Perkins als Norman Bates* – Deutsch:
Eckart Dux
Meg Tilly als Mary – Deutsch: Bettina Spier
Vera
Miles als Lila Loomis, ihre Mutter – Deutsch: Barbara Adolph
Robert
Loggia als Dr.Bill Raymond, Psychiater – Deutsch: Horst
Schön
Dennis Franz als Warren Toomey – Deutsch: Andreas
Mannkopff
Hugh Gillin als Sheriff John Hunt*
– Deutsch: Hans-Dieter Zeidler
Claudia Bryar als Emma
Spool – Deutsch: Christine Gerlach
Robert Alan Browne als Ralph
Statler, Besitzer des Diners* –
Deutsch: Wolfgang Völz
Ben Hartigan als Richter – Deutsch: Eric
Vaessen
Lee Garlington als Myrna, Bedienung im Diner*
– Deutsch: ?
Tim Maier als Josh, Jill Carroll als Kim, Chris
Hendrie als Deputy Pool, Tom Holland als Deputy Norris,
Osgood
Perkins als junger Norman Bates – Keine Sprechrolle
u.A.
Stimme
von Norma Bates in Deutsch: Alice Treff (Original: Virginia Gregg)
*
Schauspieler/in in jeweils gleicher Rolle
auch in Teil 3;
Obwohl
Hugh Gillin als Sheriff Hunt im Film erwähnt, er sei bereits
„damals“ bei den Ermittlungen dabei gewesen, spielen weder er
noch der Charakter im Originalfilm mit.
22
Jahre nach den Ereignissen von „Psycho“:
Norman
Bates, der
(kurzgefasst)
einst in den Kleidern seiner von ihm getöteten und ausgestopften,
doch auch nach der Tat übermächtigen und ihn beherrschenden Mutter
als gespaltene Persönlichkeit mehrere Morde beging,
wird unter öffentlichen Protesten, deren Anführerin Lila Loomis
(die Schwester eines damaligen Opfers) ist, als geheilt aus der
Psychiatrie entlassen und kehrt (obwohl ihm sein Psychiater
Dr.Raymond dringend davon abrät), in das seit seiner Verhaftung
unbewohnte Haus seiner Mutter zurück. Das dazugehörige Motel ist zu
einem Stundenhotel verkommen und wird inzwischen von Warren Toomey
geleitet, den Norman jedoch umgehend entlässt. Norman erhält eine
Stelle als Hilfskraft in einem Diner, und scheint, auch dank seiner
Kollegin Mary, die er als Untermieterin im Haus aufnimmt und die zu
einer Freundin wird, auf dem besten Wege in ein normales Leben zu
sein- sogar das Motel will er schliesslich wieder eröffnen.
Doch
dann „fängt alles wieder an“ (Zitat
Norman),
denn offenbar lebt „Mutter“ und will ihren Sohn immer noch
allein für sich haben...
Es war natürlich ein grosses Wagnis, künstlerisch wie finanziell, den Klassiker des modernen Thrillers schlechthin fortzusetzen. Viele Kritiker unkten schon vorab, man könne doch ein Meisterwerk wie Alfred Hitchcock’s bis heute wegweisenden und genialen Thriller nicht ansatzweise gelungen fortsetzen, es hiess gar, man „dürfe“ dies auch gar nicht erst versuchen. Doch das Kunststück gelang, und das sogar, obwohl man es dann auch noch „wagte“ (obwohl es nicht wirklich nötig erscheint, schon gar nicht in voller Länge), die legendäre Duschmordszene und die berühmte Musik aus dem Originalfilm direkt an den Anfang des zweiten Teils zu setzen.
Dann geht alles sehr flott, genau, wie sich der Film sowieso nicht mit Nebensächlichkeiten aufhält. „Psycho 2“ kommt auf die entscheidenden Punkte, und fesselt von Beginn an mit einer gut durchdachten und nachvollziehbar geschriebenen Geschichte, wohlig schauerlich, mit tollen Gänsehautmomenten, nie die Logik aus den Augen verlierend, Nur hier und da ist er, und das zurückhaltend, in die moderne Horrorwelt herübergebracht, doch ohne deswegen altbacken zu wirken; nur selten gibt es richtige Schockeffekte, und wenn, nie selbstzweckhaft übertrieben brutal. Wie bei Hitchcock bleibt viel der Phantasie des Zusehers vorbehalten, auch, wenn man ja nicht weiss, was er uns heutzutage zeigen würde- war er doch in vielem seiner Zeit voraus (besonders eben in „Psycho“).
Wir erleben wie quasi minütlich neues geschieht in diesem aufregenden Mehrfachtwister. Immer wieder werden neue Fährten gelegt und Erkenntnisse gewonnen, die dann doch keine, oder eine andere als gedacht, Rolle spielen, oder zu spielen scheinen. Dabei weiss man selten mehr als die Protagonisten (Nicht einmal von den „neuen“ Morden bekommen die anfangs etwas mit), oder zumindest nicht für lange Zeit, und wird genau wie diese immer wieder aufs Neue überrascht. Und wenn dann sogar etwas nur am Rande geschieht (wie ein Streit zwischen Mary und Lila), dann wird selbst das später noch von Bedeutung werden. Ein Film, der Aufmerksamkeit (ein)fordert und sie verdient.
Der mutige Norman stellt sich seiner Vergangenheit, kehrt zurück an seine „alte Wirkungsstätte“. Er fühlt sich anfangs wieder „normal“, und so will er leben und so will er behandelt werden. Doch er wird zur fast klassisch-tragischen Figur, so sehr er es auch versucht, nicht in seine Erkrankung zurückzufallen. Und irgendwann wird klar, da will man ihn in den Wahnsinn treiben, da ist diese Intrige der rachsüchtigen Lila (und die für Norman schmerzliche Erkenntnis, daß er vielleicht auch Mary, die deren Tochter ist, nicht mehr vertrauen kann); doch genauso wird klar, daß noch jemand sein Unwesen treibt. Er selbst (Geschickt streut die Inszenierung auch diesen Verdacht)... oder wer? „Mutter“ jedenfalls, oder wer auch immer in ihrer Maske steckt, ist wieder da, und Norman hört sie auch wieder und spricht mit ihr (oder mit wem sonst?)- gehorcht er ihr auch?
Der Film schafft es, sein eigenes Flair zu verbreiten unabhängig vom grossen Vorgänger, bei dem sich Regisseur Franklin wohl einiges (auch Szenenfolgen und Kamerafahrten) bei Hitchcock abgeschaut hat, nicht gestohlen wohlgemerkt, denn das ist als Hommage und als Verbeugung vor dem Meister (und dem Original) geschehen.
Und schliesslich, als schrecklichen Clou, schliesst sich ein lange zuvor begonnener Kreis, und kommt da an, wo Hitchcock’s (ungezeigte) Vorgeschichte ihren grausamen Höhepunkt hatte. Es wiederholt sich, und dem Zuschauer muss klar sein, daß, auch wenn Norman nun wieder Gäste empfängt, es nicht so sein wird, wie wir uns das so lange erhofft haben. Welch trauriges Fazit.
Der Film ist natürlich, das muss so sein, auf Anthony Perkins als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte zugeschnitten, und er nutzt das hervorragend, beherrscht die Szenerie wie selten ein Hauptdarsteller (wobei auch seine Kollegen bis in die kleinen Nebenrollen wirklich tolle Arbeiten abliefern). Perkins verkörpert den „neuen“, den gereiften Norman von selbstbewusst und bereit für sein neues Leben (und bereit für die neue, so fremde Freiheit), über verwundbar und zweifelnd, bis schliesslich wieder dem Wahnsinn nahe, doch immer sympathisch, als ganz grosses Kinoerlebnis. Er gibt der Figur neue und unerwartete Facetten. Wir wissen immer wieder nicht, wohin sein Weg gehen wird, aber wir wünschen ihm tatsächlich nur das Beste, haben Mitleid mit ihm, zittern mit ihm, und sind entsetzt, wenn er dann doch wieder in alte Schwächen verfällt.
Meg Tilly macht (auch) die (schnelle) Wandlung ihrer Figur glaubhaft, denn sie erkennt den guten Kern in Norman schon früh, stellt sich dann sogar gegen die eigene Mutter und wirft deren gemeinen, gemeinsamen Plan über den Haufen. Sie liebt Norman lange aufrecht, macht ihm Mut, lügt schliesslich sogar für ihn. Doch auch das „nimmt“ uns die Geschichte irgendwann, was wir kaum verzeihen können- hötte es den Twist wirklich gebraucht? Oh doch, denn er passt zum düsteren Unterton des Ganzen.
Vera Miles spielt die Lila lange etwas zu verbohrt und rachsüchtig (wenn auch ihre Intention verständlich ist), dafür bleibt aber offen, wie weit sie geht (wofür sie wirklich verantwortlich ist), um Norman wieder einsperren zu lassen. Eine klasse Drehbuchidee, mit ihr eine weitere Verbindung zum Original herzustellen.
Robert Loggia gibt überzeugend den fast väterlichen Psychiater,d er Norman auch nicht alleine lässt, als sein ärztlicher Job schon getan ist. Im Gegenteil, er ermittelt auf eigene Faust, um seinem Schützling zu helfen- gedankt aber wird’s ihm nicht.
Fazit:
Eine
würdevolle und gelungene Fortsetzung, mit spürbarem Respekt und
Liebe zum Original, einem originellen Plot und einem Finale, das zum Abschluss nochmals so richtig reinhaut und keine Fragen offen lässt.
Und es würde zwar
etwas anders, aber doch tatsächlich noch
etwas besser
weitergehen.
Regie: Richard Franklin
Drehbuch: Tom Holland
Unter Verwendung von Charakteren von
Robert Bloch
Kamera: Dean Cundey
(Assistenz: Clyde E.Bryan, Steve Tate)
Musik: Jerry Goldsmith
Schnitt: Andrew London
(Assistenz: David Spence)
Ton: Hank S.Server
Produktionsdesign: John W.Corso
Szenenbild: Jennifer Polito
Make Up: Michael McCracken, Chuck Crafts
Spezialeffekte: Melbourne Arnold
Visuelle Effekte: Albert Whitlock
Hintergrundmalereien: Syd Dutton
Regieassistenz: Don Zepfel, Lisa Marmon
Executive Producer: Bernard Schwartz
Produktion: Hilton A.Green
Spoiler:
Zettel und Anrufe von „Mutter“ treiben den anfangs so hoffnugsfrohen Norman nach und nach wieder in den Wahnsinn. Auch, daß Dr.Raymond ihm bei einer Exhumierung „Mutter“'s Leiche zeigt, und ihn darüber aufklärt, daß Mary in Wahrheit Lila Loomis' Tochter ist (die beiden wollten Norman mit falschen Zetteln und Anrufen wieder verrückt machen und zurück hinter Gittern bringen), hilft nicht auf Dauer, auch nicht, daß Mary inzwischen auf Norman's Seite steht- Norman ist inzwischen davon überzeugt, daß seine wahre Mutter hinter all dem steckt (Wir Zuschauer haben da schon lange eine Person in Mutter's Kleidern beobachten können, die Morde begeht, auch den an Lila Loomis).
Als Toomey's Leiche und die eines Teenagers im Sumpf gefunden werden (genau dort, wo Norman einst seine Opfer versenkte), gerät Norman in Verdacht, wieder „der Alte“ zu sein. Mary will, da sie an seine Unschuld glaubt, mit ihm flüchten. Um ihn zu beeinflussen, verkleidet sie sich als „Mutter“, doch es kommt zum Fiasko- vor Schreck ersticht sie Dr.Raymond, der den Loomis' auf der Spur war und von hinten an sie herantritt, Norman drängt „Mutter“ in den Keller, Mary erkennt er da längst schon nicht mehr.
Im Keller entdeckt Mary die Leiche ihrer Mutter- nun doch davon überzeugt, daß Norman der Mörder ist, greift sie ihn an. Doch die Polizei taucht auf und erschiesst sie. Nun sieht es für alle so aus, als ob Mary für alles verantwortlich ist, da sie sich an Norman für den Tod ihrer Tante habe rächen wollten- sogar für den Mord an ihrer eigenen Mutter gilt sie als Täterin. Ein Zeuge hatte einen Streit zwischen den beiden Frauen beobachtet: Es ging darum, daß Mary Norman nicht mehr strafen wollte, doch die Polizei muss denken, es sei Lila gewesen, die den Plan beenden wollte und daher hätte sterben müssen.
Norman gilt als rehabilitiert und deckt zu Hause den Tisch für Zwei- denn er erwartet noch Besuch (weiss aber tatsächlich nicht, wen genau).
Am
Abend besucht (zu aller, auch des Zuschauers gelungener Überraschung) Emma Spool Norman und eröffnet ihm, daß sie
auch für die Morde verantwortlich und seine wahre
Mutter
ist. Sie sei die später nie erwähnte jüngere Schwester von Norma,
und mit ihm als Minderjährige schwanger geworden. Doch sei sie
„krank“ gewesen und hatte in eine Heilanstalt gemusst, so daß
sich Norma des Jungen annahm und ihn als ihren Sohn aufzog.
Norman
erschlägt Emma mit einem Spaten. Dann trägt er sie in „Mutter“'s
Zimmer und setzt sie in den Schaukelstuhl, in dem einst auch
„Mutter“'s konservierte Leiche sass. Er redet mit ihr und sie
antwortet ihm- mit „Mutter“'s dem Zuschauer wohlbekannter Stimme,
fest und bestimmend. Ende...
Claudia Bryar als Emma Spool senkt ihren Kopf unmittelbar vor dem Schlag durch Norman mit der Schaufel stark und geradezu auffällig unnatürlich in Richtung Tischkante. Ob dies den „Austausch“ der echten Schauspielerin mit einer Puppe (denn der Schlag wirkt sehr realistisch) für den Schnitt der Szene erleichtern sollte oder Absicht des Regisseurs war (um vielleicht darzustellen, daß Emma Spool weiss, was passieren wird und sich in ihr Schicksal ergibt, also gar sterben will, wonach man die Szene deuten könnte), ist unbekannt.
Bodycount:
Minute
38: Warren
Toomey wird erstochen, er gilt fortan als vermisst.
Minute
49:
Der Teenager Josh, der mit seiner Freundin Kim in Norman's Haus eingedrungen ist, wird erstochen (Seine Freundin entkommt und ruft die Polizei. Obwohl diese keine Spuren mehr findet, ermittelt Sheriff Hunt doch weiter).
Minute
86:
Lila Loomis wird im Keller erstochen, als sie sich als "Mutter" maskieren will, um Norman endgültig in den Wahn zu treiben.
- Alle drei ersten Morde werden für
den Zuschauer erkennbar von „Mutter“ verübt, doch stellt sich am
Ende (siehe
Spoiler)
heraus, daß Emma Spool in Verkleidung die Täterin war- um Norman zu „schützen". Die Leichen
von Toomey und Josh werden später im Sumpf gefunden; die Leiche von
Lila unter einem Haufen Kohle im Keller von Norman's Haus.
Minute
94:
Dr.Raymond wird versehentlich
von Mary erstochen (die einen Angriff Norman's vermutete)
Minute
96:
Mary wird von einem Deputy erschossen, als sie Norman mit einem
Messer angreift
Im
Finale:
Emma Spool (siehe
Spoiler)
Weitere Verfilmungen des Stoffes:
Anthony Perkins verkörperte den Charakter Norman Bates erneut in „Psycho 3“ und dann noch einmal in dem kammerspielartigen und für das Fernsehen gedrehten „Psycho 4-The Beginning“ (1990; Regie: Mick Garris; Drehbuch: Joseph Stefano- immerhin auch Drehbuchautor des Originals von Hitchcock). Der Film enttäuscht und langweilt jedoch auf ganzer Linie und stellt nicht wirklich Bezüge zu seinen unmittelbaren Vorgängern her. Psycho 4 beschäftigt sich im Gegensatz zu den anderen Fortsetzungen in weiten Teilen mit der Vorgeschichte und den Geschehnissen vor dem Original von 1960, so wird die Persönlichkeit von Normans Mutter sehr detailliert dargestellt. Henry Thomas („E.T.“) spielt den jungen Norman, Olivia Hussey seine Mutter. John Landis tritt als Radiomitarbeiter auf.
Ein zu diesem Zeitpunkt bereits geplanter fünfter Teil konnte aufgrund des Todes von Anthony Perkins im Jahr 1992 dann nicht mehr realisiert werden.
Ein
erster Versuch, „Psycho“ als Fernsehserie unter dem Namen „Bates Motel“
(ohne den Charakter Norman Bates, der hier in einer psychiatrischen
Anstalt gestorben war) zu etablieren, war bereits 1987 gescheitert.
Bud Cort („Harold
und Maude“)
spielte hier den Erben von Bates’ Motel, die Serie bezog sich
direkt lediglich auf Hitchcock’s Original und liess beide bis dahin
entstandenen Fortsetzungen ausser Acht. Da schon der Pilotfilm
floppte, kam die Serie schliesslich nie zustande, man muss sagen:
leider, weil durchaus angesichts des in weiten Teilen gelungenen
Pilotfilms interessante Handlungsverläufe zu erwarten gewesen
wären.
Von 2013 bis 2017 erzählte die Fernsehserie
„Bates Motel“ in fünf Staffeln quasi
die Vorgeschichte des Norman Bates (gespielt von Freddie Highmore),
allerdings versetzt in die heutige Gegenwart, Letztlich nimmt aber
genau das der Serie den „Charme“ des Originals und zu lang ist
die Serie allemal geraten.