(44) Veröffentlicht: 11.September 2019

BATES MOTEL
USA (TV-Produktion), 1987 – 90 min. – FSK 12
Originaltitel: Bates Motel


Fernsehpremiere in den USA : 5.Juli 1987
In Deutschland erschien der Film erstmals im November 1987 direkt auf Video;
seine Fernseherstaufführung in D erfolgte erst am 29.Oktober 2005

Der Film hat keinerlei Bezug zu der gleichnamigen, ab 2013 ausgestrahlten Fernsehserie. Dort wurde die Vorgeschichte des Norman Bates, allerdings versetzt in die heutige Gegenwart, erzählt. Diese Serie wurde 2017 mit ihrer fünften Staffel beendet.

Als (nie von den Machern bestritten) ursprünglich als Pilotepisode zu einer Fernsehserie vorgesehener Film (mit der Unterzeile „Under new management“/„Unter neuem Management“ vermarktet), war dieses „Bates Motel“ (aus heutiger Sicht also) der (erste) Versuch, das „Psycho“-Franchise als Fernsehserie einzuführen. Der Film verändert zwar auch einige Inhalte des Originals, lässt aber vor allem die zu seiner Entstehungszeit bereits veröffentlichten Fortsetzungen des Originals (Teil 2 von 1983 und Teil 3 von 1986) völlig aussen vor. Er hat (s)einen ganz eigenen Ansatz der Handlung- und überrascht schlussendlich, und das muss der Völlständigkeit halber erwähnt werden, auch wenn ichs gerne unterschlagen wollte, auch mit einer völlig bescheuerten Nebenhandlung, deren wenige Minuten beweisen, wie man einen ansonsten grossartigen Film teilverhunzen kann, nur um (Zusatz-?)stoff für eine Serie zu haben, der dann zudem nichts mit dem ursprünglichen Thema zu tun hat, und nur den Titel "benutzt".

Bud Cort und der Ort des Geschehens
Aber zunächst zum weit überwiegenden und gelungenen Teil des Films:
Hier ist Norman Bates in der psychiatrischen Klinik (in die er nach den Vorkomnissen in Alfred Hitchcock's Originalfilm von 1960 eingewiesen worden war) verstorben und hat sein Motel und das dazugehörige Wohnhaus seinem Mitpatienten Alex West vererbt. Eine ausführliche Rückschau zeigt die 27jährige Freundschaft der beiden (die einst Klinikleiter Dr.Goodman „zusammengebracht“ hatte, da er beide als „einsame Seelen“ verstand) bis in die Gegenwart (der Filmentstehung 1987),wo Alex zeitgleich in die ihn ersteinmal ängstigende „Freiheit“ entlassen wird.

An der folgenden Handlung (sogar auch an dem oben erwähnten, eingebauten Nebenstrang), aber vor allem an den Schlussworten, die Alex direkt an die Zuschauer spricht (die er schliesslich auch als Gäste in sein Motel einlädt), ist tatsächlich deutlich zu erkennen, daß eine Fernsehserie folgen sollte. Doch da der Film bei der Mehrzahl seiner Zuschauer auf Ablehnung stiess, kam diese (ich sage: alles in allem leider) nie zustande.

Es ist Bud Cort (der sich als Schauspieler nie wirklich aus dem Schatten seines Kulterfolges in „Harold und Maude“ von 1971 lösen konnte und seitdem mehr in Nebenauftritten und Fernsehgastrollen zu sehen war), der den Film in seiner vielschichtigen Rolle, die auf ihn zugeschrieben scheint, dominiert- er ist bewundernswert und ideal besetzt, man kann sich wirklich keinen anderen und keinen besseren als Bates' Erben vorstellen (auch, weil er einem lange nicht ganz geheuer ist- wie Norman stopft auch er schliesslich gerne Tiere aus, was ja per sé schon unheimlich ist). Er verkörpert zunächst den zurückhaltenden Alex, der in der Anstalt sein Zuhause sieht und gar nicht von dort weggehen will, dann den mit seinem neuen Leben anfangs völlig überforderten „Neueinsteiger“ in eine von ihm bis dato nicht gekannte Welt, und wird dann doch, auch durch die teils sehr seltsamen Vorkomnisse in seinem neuen Heim, langsam selbstbewusster und gefestigter. Dennoch fürchten wir, dank seines ausgefeilten Spiels, als Zuschauer bis zum Schluss, daß schon ein kleiner, weiterer Vorfall ihn wieder und dann endgültig aus der Spur bringen könnte- was man in einer Serie gut hätte weiter "ausnutzen" können.

Lori Petty und Moses Gunn

Norman's Mutter!?
Alex entschliesst sich nach kurzem Zögern, sein neues Leben anzunehmen und das, wie er bei seiner Ankunft feststellen muss, stark heruntergekommene Motel wieder zu eröffnen- gegen den Widerstand der Bank (vertreten durch einen so schleimig wie undurchsichtig spielenden Gregg Henry), die ihm das Grundstück lieber abkaufen möchte, um darauf Luxusappartments zu errichten. Mit Unterstützung seiner neugewonnenen Freunde (erkennbar Aussenseiter wie er, ohne "richtigen" Platz bei den so genannten Normalos), der jungen Willie (burschikos, immer mit grosser Klappe, aber entzückend: Lori Petty), die im Haus bereits vor ihm „eingezogen“ war, und des gutmütigen Henry Watson (grossartig: Moses Gunn, vor allem bekannt aus der „Unendlichen Geschichte“), der einst sogar für die Bates' gearbeitet hatte, beginnt Alex, sein Eigentum in Stand zu setzen.
Nachdem bei den Bauarbeiten die Leiche von Mrs.Bates, Normans Mutter, gefunden wird
(die in diesem Film, im Gegensatz zum Original, wo sie von Norman ausgestopft wurde, als nie zuvor entdeckt galt), beginnt eine Reihe mysteriöser Vorkomnisse, die dem immer noch psychisch labilen Alex zusetzen.
Dennoch gelingt es, das Motel herzurichten, und als erste Gäste (Achtung- das ist die seltsame Nebenhandlung!) Barbara Peters und eine Horde scheinbar feierversessener Teenager zu begrüssen...

Obwohl der Film (wie ja so oft bei Fernsehumsetzungen bekannter Kinowerke) besonders unter den eingefleischten „Psycho“-Fans bis heute umstritten ist (jedoch wohl vor allem wegen der Nebenhandlung), und er von der Kritik überwiegend negativ bewertet bis gar zerrissen wurde, ist er doch in seiner überwiegenden Gänze gelungen und kann mit dezidiert gestreuten, zurückhaltenden Gruseleffekten glänzen. Auch der Plot an sich ist gut und glaubwürdig geschrieben und nachvollziehbar in Szene gesetzt. Der mit den Bauten (Die Kulissen von Motel und Haus aus dem Original konnten verwendet werden, da sie noch bis Mitte der Neunziger Jahre als Studioführungsattraktion der Filmfirma in Betrieb waren) und Requisiten getriebene Aufwand ist beachtenswert, das Resultat toll anzusehen. Natürlich erreicht der Film nicht die Atmosphäre des (schwarz-weissen) Originals (doch auch hier entfaltet die Silhouette der Mutter, oben am Fenster des Wohnhauses, mehr Horror als jeder Bluteffekt), aber er ist unterhaltsame Kost (mit Respekt vor dem Original) und bietet manch neue Facette (sogar bezüglich Norman Bates).
Brutale Szenen sind hier nicht zu erwarten, ja es kommt nicht einmal ein Mensch zu Tode oder fliesst Blut- muss auch nicht, denn das alles ist psychologisch fein und logisch aufgebaut und ein Thriller im allerbesten, positiv-altmodischen Sinne.


Von links: Jason Bateman, Gregg Henry, Robert Picardo

Fazit:
Lässt man sich darauf ein (und das sollte man), wird man sicher nicht enttäuscht und bekommt solide, angegruselte Krimikost serviert, die besonders mit der Story (lassen wir die Nebenhandlung mal weiter beiseite), Bud Cort, seinen starken Mitspielern und einem ans Original angelehnten Score begeistert. Man sollte aber schon offen dafür sein, und vor allem auf direkte Vergleiche mit Hitchcock’s Meisterwerk verzichten.

Darsteller:
Bud Cort (Alex West)
Lori Petty (Willie)
Moses Gunn (Henry Watson)
Gregg Henry (Tom Fuller)
Jason Bateman (Tony Scott)
Khrystyne Haje (Sally)
Kerrie Keane (Barbara Peters)
Robert Picardo (Dr.Goodman)
Kurt Paul (Norman Bates, in der Rückblende am Anfang des Films) – keine Sprechrolle
u.A.
(Deutsche Synchronsprecher nicht bekannt)

Kurt Paul, der Norman Bates darstellt (ausser in einer kurzen Anfangssequenz sieht man ihn nur auf Bildern), war übrigens Anthony Perkins’ (der „originale“ Norman Bates) Stuntdouble in den Teilen 2 und 3 der Originalreihe und zudem in einer etwas grösseren Rolle im (sehr schwachen) vierten Teil der Reihe zu sehen- er ist demnach der einzige, der in allen Sequels dabei war.

Regie, Drehbuch und Executive Producer: Richard Rothstein
Unter Verwendung von Charakteren von Richard Bloch
Kamera: Bill Butler
Musik: J.Peter Robinson
Schnitt: Dann Cahn, Richard A.Freeman
Produktionsdesign: Robb Wilson King
Szenenbild: Martin C.Price
Make Up: Richard Blair
Regieassistenz: C.Tad Devlin
Produktion: Ken Topolsky, Henry Kline (für Universal Television)


Entgegen verbreiteter Meldungen, hat Anthony Perkins diesen Film nie in irgendeiner Weise „boykottiert“, allerdings bezeichnete er ihn in einem Interview 1988 als „einfach schlecht“. 

Die Sache mit der komischen Nebenhandlung-
das wäre sicher irgendwie in die Serie eingeflossen (wahrscheinlich als wiederkehrende Zeitspringerthematik, also Bates Motel als Dimensionstor oder so ähnlich), hätte vielleicht interessante Aspekte geben können, doch im (für sich stehenden) Film ist es schlichtweg schrecklich (auch geschauspielert, mit Ausnahme von Jason Bateman), am Ende übers Ziel hinaus (wenn auch nur kurz) „too much“ und überflüssig:


Barbara will im Motel Selbstmord begehen, doch die Teenager, vor allem Sally und Tom, helfen ihr, neuen Lebensmut zu fassen. Sie kommen aus der Vergangenheit und haben allesamt selbst einmal Suizid begangen. Sie zeigen Barbara, wie sehr sie das bereuen würde und wie schön es wäre, weitergelebt zu haben. Barbara reist glücklich ab.

Spoiler der Haupthandlung:

Der gewissenlose Bänker Fuller hat die Vorkomnisse inszeniert, um West zu vertreiben, und die Pläne der Bank bezüglich des Einkaufszentrums zu verwirklichen. Der schnöde Mammon also war schuld. Auch mit seinem letzten Auftritt, verkleidet als als Mrs.Bates, kann er Alex dank des Einsatzes von dessen Freunden nicht mehr in die Flucht schlagen.
Dann hält Bud Cort auf dem Vorplatz des nun in neuer Pracht erstrahlenden Motels den direkten Dialog in die Kamera (siehe Einführung ganz oben und Foto links). Ende.


Promotionfoto; Werbeanzeige zur US-Fernsehausstrahlung
VÖ-Cover