(79) Veröffentlichung: 22.November 2020

Originaltitel: The Premature Burial (Das vorzeitige Begräbnis)
USA, 1962 – Originallänge: 81 min. – Kino D: 78 min. – FSK 16
Drehzeit: Zweite Hälfte Oktober 1961/Budget: N.A. (aber vergleichbar mit den anderen Filmen der Reihe)
Kinopremieren: USA- 7.März 1962; D- 29. November 1963


Basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe, 1844

(Film 3 von 7) > DIE FILMREIHE
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Darsteller:
Ray Milland als Guy Carrell – Deutsch: Paul Klinger
Hazel Court als Emily, seine Frau – Deutsch: Gisela Reißmann
Heather Angel als Kate, seine Schwester – Deutsch: ?
Richard Ney als Dr.Miles Archer – Deutsch: Gert Günther Hoffmann
Alan Napier als Dr.Gideon Gault, Emily's Vater – Deutsch: Curt Ackermann
Clive Halliday als Judson, Carrell's Diener – Deutsch: ?
John Dierkes als Mr.Sweeney, Totengräber – Deutsch: ?
Richard (=Dick) Miller als Mr.Mole, Totengräber – Deutsch: Gerd Duwner
Brendan Dillon als Pfarrer – Deutsch: Karlheinz Brunnemann

Guy Carrell ist wohlhabend und (obwohl er das aus wohl gleich verständlichen Gründen trotz seiner Liebe zu ihr ursprünglich gar nicht wollte) frisch mit der hübschen Emily verheiratet. Er könnte also der glücklichste Mensch auf Erden sein- wäre da nicht seine panische Angst davor, lebendig begraben zu werden (so, wie er vermutet, es seinem Vater geschah, da er glaubt, dessen Hilferufe einst aus der Gruft vernommen zu haben).
Als Vorkehrung hat er sich auf seinem Grundstück ein spezielles Mausoleum gebaut
(Foto unter diesem Absatz), in dem er begraben werden will und das für den Fall seines „Erwachens“ vorbereitet ist- angefangen bei einer Alarmglocke, mit der er auf sich aufmerksam machen kann, über diverse „Notausgänge“
(und im Film sogar Dynamit, das zu Lebzeiten Poe's übrigens noch gar nicht erfunden war und daher in der Vorlage auch nicht vorkommt), bis zu Nahrungsmittelvorräten- und, falls all das ihn nicht rettet, auch einem Kelch voll Gift, mit dem er sich gegebenenfalls „wirklich“ töten würde.
Doch hilft ihm das nur kurz- ein Alptraum, in dem alle Vorsichtsmassnahmen versagen (selbst der Kelch, der dort voll Maden ist), und seine in den Zwischenwänden des Hauses festsitzende Katze, lassen die Phobie umso stärker wieder aufflammen.
Seine Frau überredet ihn nun, auf daß das seinen Wahn endlich beseitige, in die Familiengruft zu gehen, und sich davon zu überzeugen, daß sein Vater nicht lebendig begraben wurde. Da der Schlüssel zur Gruft verschwunden ist, öffnet Carrell diese gewaltsam und das Skelett seines Vaters fällt ihm entgegen
(wobei hier nicht geklärt wird ob dieser denn nun... oder nicht). Carrell fällt in eine totengleiche Starre (die aus Film Eins der Reihe bereits bekannte Katalepsie), und wird für tot erklärt. Verzweifelt muss er miter-leben, wie er lebendig begraben wird- auf Veranlassung Emily's in einem normalen Erdgrab...

Aller guten Dinge sind (im Fall der Corman'schen Poe-Reihe übrigens sogar nicht nur, aber auch) drei, und der rote Faden menschlicher Ängste, der sich gerade durch das erste Filmtrio zieht, nicht übersehbar. Motive und sogar Szenerien gleichen sich (manchmal sehr), und trotzdem gelingt auch diesmal ein einzig-artiges Gruselstück par excellence, ein infernaler Trip durch des einen Menschen Wahn, der sich minütlich noch steigert, und eines anderen Menschen Gehässigkeit, die lange im Verborgenen ist.
Der Film beginnt erneut, wie auch seine z
wei Vorgänger, mit einer (wenig willkommenen) Ankunft, und erklärt sich darüberhinaus umgehend. Auch die Angewohnheit des „kranken“ Protagonisten (der, als Ausnahme in der Reihe, diesmal nicht von Vincent Price, sondern vom zur Drehzeit schon sehr bekannten Hollywoodhaudegen Ray Milland verkörpert wird), seinen Gemütszustand in „schrecklichen“ Malereien von Teufel, Folter und Verdammnis (die auch diesmal, wie schon die Ahnengalerie der Usher's, wieder Burt Shonberg anfertigte- siehe Foto ganz unten) auszudrücken, kennen wir bereits. So ist der Film quasi sowohl eine Variation seiner Vorgänger, als auch eine Essenz daraus, doch wird das weder zur billigen Kopie, noch langweilig. Im Gegenteil. Vor allem schafft es Roger Corman, den kleinen Begebenheiten am Rande neues einzuhauchen.

Kommt der Horror hier auch auf leisen Sohlen und erst nach und nach daher, so ist der Spannungsbogen der Geschichte doch unaufhörlich nach oben gerichtet. (Auch) der (genregeübte) Zuschauer vemerkt erst spät, daß es nicht nur um die Hauptfigur und deren Verhalten geht, sondern diesem durchaus auch bewusst und absichtlich nachgeholfen wird. Wie es nuneinmal „üblich“ ist, verdächtigen wir die, die ihm nahestehen, stellen Vermutungen auf, versuchen, Rückschlüsse zu ziehen. Und dann ist das erstmal völlig zweitrangig- denn es kommt der grosse Schock, nach etwa einer Stunde des Films, tatsächlich unerwartet und rücksichtslos.
Der Titel des Films geht in Erfüllung, und das wird uns brutal verdeutlicht. Wir als Zuschauer hören Guys Gedanken, seine Verzweiflung, sein Flehen, daß doch bitte jemandem auffalle, daß er gar nicht tot ist. Doch er kann sich nicht bemerkbar machen, ist bewegungsunfähig, und selbst das Öffnen seiner Augen (Welch grossartige Idee, daß er in einem Sarg liegt, der auf Gesichtshöhe ein „Fenster“ hat- siehe Foto ganz oben) wird von den (mehr oder weniger) Trauernden nicht zur Kenntnis genommen.

Es braucht keine Effekte, um Grusel zu erzeugen, kein Blut, um Horroratmosphäre zu erzeugen und den gesamten Film hindurch aufrecht zu erhalten, unter anderem ein nebelverhangener Friedhof (siehe kleines Foto oben) und die Atmosphäre der Angst tuns anfangs auch- und das eindringliche Spiel Millands. Das funktioniert damals wie heute, und man bekommt mehr als einmal Gänsehaut bei dem Gedanken, eine solche Qual durchleben zu müssen. Bis heute hat der Film keinerlei Staub angesetzt oder Wirkung verloren, er ist zeitloser klassischer Grusel, von dem sich manch Film heutzutage mehrere Scheiben abschneiden kann und sollte.
Was an dem Film auffällt, ist, daß Corman hier die in den Vorgängern recht grellen Farben etwas zurückgenommen hat (auch in der beeindruckenden Traumsequenz, auf die der Regisseur auch hier nicht verzichtet hat). Es ist nicht grell, nicht bunt- es ist düster und genau so soll man den Film auch wahrnehmen.

Ray Milland (der insbesondere ab den 1970er Jahren einige schlechte Filme gemacht hat, sogar bis tief in die Niederungen des Billig-Trashs) agiert allgemein etwas ernsthafter als Vincent Price, er lässt jeden Anflug von schwarzem Humor (den in diesem Film lediglich die zwei Totengräber- auch im wahrsten Sinne des Wortes- anklingen lassen dürfen) vermissen, und auch Selbstironie ist ihm fremd. Wohl einer der grössten Unterschiede zu den Vorgängern, aber beileibe kein Fehler. Von Beginn an ist er Sympathieträger und Opfer, erst seiner Ängste, dann derer, die ihn aus dem Weg räumen wollen. Er steht im Mittelpunkt eines an und für sich hervorragenden Ensembles, das aber letztlich ihm nur zuspielen (kann, wohl auch sollte). Da bleibt dann selbst Hazel Court ein wenig in zweiter Reihe „hängen“ und kann nicht so glänzen, wie man es von ihr gewohnt war, zumal gerade ihre Dialoge kurz ausfallen und sie nach einiegr Zeit unsere anfänglich hohen Sympathien verliert.

Fazit:
Urangst mal wieder auf den Punkt gebracht- ein kurzweiliges Vergnügen in „bekannt“ tollen Kulissen. Mag Roger Corman in seinem späteren Berufsleben auch den ein oder anderen Mumpitz abgeliefert haben, hier zeigt sich wahre Meisterlichkeit. Und wieder weckt er Interesse für die (wenn auch in eingem abweichende) Vorlage Poe's.
Aber auch eine Filmnacht mit den drei ersten Filmen der Reihe nacheinander bietet sich geradezu an.

Stab:

Regie und Produktion: Roger Corman
Co-Produktion: Samuel Z.Arkoff

Drehbuch: Charles Beaumont, Ray Russell
Kamera: Floyd Crosby
Musik: Ronald Stein; unter Verwendung von Musik von Lex Baxter (aus den vorherigen Filmen der Reihe)
Schnitt: Ronald Sinclair
Ton: John Bury
Produktionsdesign: Daniel Haller
Szenenbild: Harry Reif
Bilder gemalt von Burt Shonberg
Make Up: Louis LaCava
Kostüme: Marjorie Corso
Spezialeffekte: Pat Dinga
Regieassistenz: Francis Ford Coppola
Ausführender Produzent: Gene Corman
Produktionsleitung.: Jack Bohrer

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