2071:
MUTAN-BESTIEN GEGEN ROBOTER
Später
auch:
Reise durch die Zeit
USA, 1964 – 82 min. – FSK
12
Originaltitel: The Time Travelers
Spätere
internationale Vermarktungen auch als:
This Time Tomorrow; Time Trap; Depths Of The Unknown
Kinopremieren:
USA-
29.Oktober 1964; D- 18.September 1970
> Spoiler, Darstellerfotos, Plakate/Aushangfotos
Wissenschaftler
haben eine Zeitmaschine entwickelt (eigentlich
nur ein riesengrosser Fernsehbildschirm mit unzähligen blinkenden
Lichtern, auf dem sie in die Zukunft schauen können),
haben aber bisher den (im
wahrsten Sinne der Worte)
letzten Schritt, sie zu betreten und in der Praxis auszuprobieren,
noch nicht gewagt. Der Labortechniker Danny McKee (interessanterweise
in diesem Moment völlig allein in dem Labor, das auch ansonsten von
niemandem bewacht wird)
berührt neugierig die Oberfläche des Bildschirms, und wird in das
Portal hineingezogen. Die Wissenschaftler Von Steiner, Connors und
White bemerken den Vorfall und folgen ihm, um ihn zu retten.
Alle
vier landen im Jahr 2071- die Menschheit hat sich inzwischen mittels
eines verheerenden Atomkrieges fast gänzlich selber ausgelöscht.
Die wenigen überlebenden Menschen unter der Führung von Dr.Varno
und Willard werden von brutalen Mutanten bedroht. Zu ihrem Schutz
haben sie Androiden zusammengebastelt, die mit der Zeit zu
gleichberechtigten Mitbewohnern wurden, und man baut nun gemeinsam an
einem Raumschiff, mit dem man auf den Planeten „Alpha Centauri 4“
fliegen will, den man als „neue Erde“ auserkoren hat (da man auf
der „alten“ Erde keine Zukunft mehr hat). Für die vier
Neuankömmlinge ist darin jedoch kein Platz mehr, und so beginnt man,
ein neues Zeitportal zu errichten (was
angesichts der Umstände und der doch eigentlich fehlenden Bauteile
zumindest zunächst wirklich gut funktioniert).
Doch die Zeit drängt, und die Mutanten greifen an…
Für die einen (und mögen sies auch erst lange nach der Erstaufführung erkannt haben) ist der Film eine Art epochales Zeitreisemeisterwerk mit gelungenem gesellschaftskritischem Einschlag (und immerhin hat sich selbst die "Star Trek"-Originalserie für ihre Episode 28 "Griff in die Geschichte" bei dem Film "bedient"), für manch anderen (allerdings völlig zu Unrecht) ein danebengegangener Versuch im Genre. Für viele war „2071“ jedoch immer schon irgendwo dazwischen- ich jedenfalls mag diesen Film sehr, und zwar nicht obwohl, sondern genau weil er so (geworden) ist, wie er nun einmal ist, mit all seinen Stärken und Schwächen (von denen es durchaus einige gibt, die aber dank der toll komprimierten Laufzeit flott überspielt werden).
Der vor allem von manchem Kritiker als Persiflage missverstandene Film, der doch durchaus ein absolut ernstes Science und Fiction-Werk ist (wenn eben auch mit Abstrichen), ist insgesamt einer der herrlichsten Zeitreisen-Brüller überhaupt. Mag er auch mindestens regelmässig so ziemlich jedes Vorurteil, das gegen „B“- oder „Trash“-Filme besteht, bestätigen und manchen, auch toleranten, Filmfreund auch ob der „kostengünstigen“ Herstellung abschrecken, so hat er doch von jedem eine Chance verdient.
Wer ein Herz für, im besten Sinne, naives filmisches Zukunftsdurcheinander mit klassischen Motiven des Genres- Roboter, Mutanten und (nur auf den ersten Blick fähige) Wissenschaftler- hat; wem (durchgehende) Logik bei einem Film nicht das entscheidendste ist (doch werden immerhin lange und ganz bewusst „Zeitparadoxen“ vermieden, was in manchen anderen Genrefilmen der Zeit noch schnurzpiepegal war); wer oft ungewollt lustige (weil danebengegangene) Dialoge mag; und nicht zuletzt: wer „Time Tunnel“ (jene wunderbare Zeitreisefernsehserie aus den Sechzigern) liebt (und wissen will, was davor geschah*)- für den ist „2071“ Pflichtprogramm und der wird vergnügliche und kurzweilige Minuten mit dem Film verbringen. Am besten mit der Originalversion, denn ist schon der deutsche Titel (der nur einen kleinen Teil des Filmthemas in den Mittelpunkt stellt) grenzwertig, so ist es die Synchronisation spätestens (setzt aber andererseits dem ganzen noch eine Krone der Verschrobenheit auf).
Ein flotter Beginn, der schon zeigt, wo es lang gehen wird, und ein selbst den Kenner wahrscheinlich überraschendes, und vor allem absolut individuell-originelles Ende sind dabei nur die grössten Knüller des Films und seiner Geschichte. Sicher, dazwischen werden manchmal etwas seltsame Drehbuchkapriolen präsentiert und der Film ist mehr als einmal kurz davor, sich selber aus der Bahn zu werfen, in die er dann aber doch, nicht immer übermässig geschickt, aber eben doch, wieder hineinfindet. Das Wort „unterhaltend“ trifft hier stets zu. Das wirkt, bis zum meisterhaften Finale jedenfalls, lange wie die Pilotepisode zu einer Fernsehserie, in denen ja gerne noch experimentiert wird und die nur zu gerne dann noch einmal völlig bearbeitet werden, bevor sies (oder manchmal auch nicht) auf den Bildschirm schaffen.
Regisseur und Autor Ib Melchior, der unter anderem auch die Kurzgeschichte „The Racer“ schrieb, aus der 1975 der grandiose Actionknaller „Death Race 2000“/“Frankensteins Todesrennen“ (Regie: Paul Bartel, Produktion: Roger Corman, Hauptdarsteller: David Carradine) erwuchs und der auch bei Bava's „Planet der Vampire“ Erwähnung findet, muss sich für seinen Genrebeitrag, in dem selbst der noch so blödeste Dialog um pseudowissenschaftliche Erklärungen wenigstens noch Charme hat, nun wirklich keinesfalls schämen.
Und man mag sich (als dem Film zugeneigter) ohnehin fragen, was man noch hätte mehr herausholen können- bei dem vorhandenen Potential. Man kann sich so einiges vorstellen, was hätte (noch mehr!) draus werden können, vielleicht sogar einer der so wenigen ultimativen Zeitreisefilme. Und ja, tatsächlich, ich, der ich so gerne „Remakes“ verdamme und meist für überflüssig halte (es gibt eins zu „2071“, siehe Seite 2, aber da hülle man den Mantel des Schweigens drüber- wohl auch, weil es viel zu früh kam), würde mir hier eines wünschen, mit heutigen Möglichkeiten, mit Engagement und Elan und Respekt vor dem Original, und einem (grosszügigen) Produzenten, der richtig Bock drauf hat.
Bei den Tricks scheint wohl das Geld immer mal wieder knapp geworden zu sein, ist das eine teils weit über dem Level der Zeit, ist anderes mehr als mau und wie aus Opas Zauberkasten. Steht das Portal für sich in der Landschaft der Zukunft herum, wirkt es beeindruckender als bei „Stargate“; im Labor hingegen steht es verloren herum, firlefanzig und als zu gross geratener Röhrenfernseher mit knallbunttastigen Bedienungselementen. Das, was man dann in dem Portal als Projektion sieht, überzeugt jedoch, das Bild ist klar und flimmerfrei, und jede Hintergrundeinspielung in anderen Filmen ist ein Witz dagegen. Der Blick in die Roboterwerkstatt lässt staunen, Szenen wie der Austausch eines Androidenkopfes sind grossartig visuell umgesetzt; die Aussenkulissen zum Beispiel der Raketenstartrampe wiederum sind allerbilligst und jede Modelleisenbahnlandschaft aus Godzilla-Filmen hat mehr drauf. Wenn da dann was explodiert, sieht es aus, als ob Kinder auf Papas Anlage gezündelt hätten und die Super 8-Kamera mitlief.
Die Masken sind jedoch durchweg vom Feinsten- (in ihrer Urform) bizarre, mundlose Androiden und furchteinflössende Mutanten verbreiten richtig guten Schocker-Spass, wenn auch die Androiden im Kampf zum Schluss (unerwartet) ziemlich abkacken.
Die Kameraführung lässt schon das grosse Talent der (später) grossen Namen der Ausführenden erkennen (siehe Stab); die Musik dudelt eher so vor sich hin, weder nervt sie, noch begeistert sie; was man allerdings schon akzeptieren (können) muss, ist so manche Schauspielerleistung. Da wird zugegeben schon allzu oft sinnlos und affektiert in der Gegend herumgeirrt, aneinander vorbeigestolpert, während man miteinander redet, und vor allem immer in gleicher Weise geguckt, egal was passiert, daß es (k)eine Freude ist. Wo immer die es herhaben, gelernt haben die das so nicht. Einzig eine Nebendarstellerin (kurz am Bedienpult des Portals zu sehen, sieht ein bisschen aus wie Uhura von der „Enterprise“, ist es aber nicht) kann überzeugen, wenn sie lustig im Hintergrund herumwackelt (tanzt sie etwa zu der in der Szene ziemlich abgefahrenen Spacemucke?).
Überhaupt die Menschenmädels- alle auffallend hübsch. Als Bonus liefert der Film (und das zu einer Zeit noch kurz vor der Hippybewegung) noch ein kleines Plädoyer für die freie Liebe, und es kommt schon so etwas vor, was in einem anderem Rahmen später als „Beamen“ bezeichnet werden sollte.
Fazit:
Ein sehr intelligent-individueller, anders als alle anderen, mindestens liebenswerter Film mit ganz speziellem Flair für vergnügliche Glotzminuten;
danach darfs dann gerne eine Staffel „Time Tunnel“ sein.
* „Time Tunnel“-Macher Irwin Allen hat trotz der grossen und auffälligen Gemeinsamkeiten stets bestritten, daß es einen Zusammenhang zwischen dem Film und der Serie gäbe. „2071“-Autor und Regisseur Ib Melchior verzichtete auf eine Urheberklage, da er befürchtete, der damals in Hollywood schon mächtige Allen könnte ihm die weitere Karriere verbauen.
Melchior gilt wegen eines von ihm zuvor verfassten (unverfilmten) Drehbuchs auch als Mit-Erdenker der ebenfalls von Allen produzierten TV-Serie „Lost In Space“ (1965-1968). Doch auch bei dieser taucht Melchiors Name in den Credits nicht auf.
Darsteller:
Preston Foster (als Dr.Erik von Steiner) – Deutsch: Martin Hirthe
Philip Carey (als Steve Connors) – Deutsch: Jürgen Thormann
Merry Anders (als Carol White) – Deutsch: ?
John Hoyt (als Dr.Varno) – Deutsch: Friedrich W.Bauschulte
Dennis Patrick (Willard, Ratsvorsitzender der Menschen in 2071) – Deutsch: Gerd Martienzen
Joan Woodbury (als Gadra, Anführerin der Androiden) – Deutsch: Eva Katharina Schultz
Delores Wells (als Reena, Androidin) – Deutsch: ?
Steve Franken (als Danny McKee, Labortechniker) – Deutsch: Horst Gentzen
Gloria Leslie (als Ratsvorsitzende der Menschen in 2071) – Deutsch: ?
Peter Strudwick (als Anführer der Mutanten) – Deutsch: ?
Forrest J.Ackerman als Labortechniker – Deutsch: ?
u.A.
Die Mutanten wurden dargestellt von damaligen Spielern der Basketballmannschaft der Los Angeles Lakers
Stab:
Regie und Drehbuch: Ib Melchior
Story: Ib Melchior, David L.Hewitt
Kamera: Vilmos (hier: William) Zsigmond**
Kameraassistenz: László Kovács**
Musik: Richard LaSalle
Schnitt: Hal Dennis
Ton: Leo Phillips jr.
Art Direction: Ray Storey
Make Up: Mark Snegoff
Spezialeffekte: Don Russel, Gary R.Heacock, Wayne Anderson
Visuelle Effekte: David L.Hewitt (Regie), Bill Hansard (Kamera), Oscar Fischinger (Animationen)
Regieassistenz: Lou Borzage, Clark Paylow
Produktionsleitung: Tom Ramsey
Produktion: William Redlin, Samuel Z.Arkoff (letzterer ungenannt)
** Zsigmond wurde später einer der anerkannt besten Kameramänner der Welt, vierfach Oscar-nominiert und Oscar-Gewinner für seine Arbeit an Spielberg’s „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ (1978). Sein damaliger Assistent Kovács stieg später ebenfalls in die erste Riege der Kameraleute in Hollywood auf.
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