(68) Veröffentlicht: 27.Mai 2020

USA, 1980 – Originallänge: 90 min. – FSK *
Originaltitel: Mother’s Day

Drehzeit: Januar 1980/Budget:115.000 US-Dollar (Nicht Inflationsbereinigt)
Kinopremieren: USA- 19.September 1980; D- 15.Januar 1981

* Seit dem 13. September 1984 ist der ungekürzte Film in Deutschland wegen „Gewaltverherrlichung“ indiziert. Der ungekürzte Film kann nur über das Ausland bezogen werden (siehe bei den Links).
Frei erhältlich ist in Deutschland eine um fast 13 (dreizehn) Minuten gekürzte Version, die von der FSK ab 16 Jahren freigegeben ist (Schnittbericht hier).


Die drei Schulfreundinnen Abbey, Jackie und Trina aus verschiedenen Großstädten machen, wie jedes Jahr zur gleichen Zeit einmal, einen gemeinsamen Campingausflug, den sie diesmal in einem Wildpark, fernab der nächsten Ortschaft, verbringen. Doch sie sind nicht allein. Hier, tief im Wald, leben eine herrische Mutter und ihre beiden Söhne Ike und Addley, und die zwei ziemlich hässlichen Typen tun nichts lieber, als ihre Mutter zu beeindrucken und zu unterhalten- und die steht auf Gewalt. So nehmen sie die Frauen gefangen, und foltern zunächst Jackie sadistisch. Den Frauen gelingt es zwar, zu entkommen, doch Jackie muss das Martyrium mit ihrem Leben bezahlen. Der Hass der anderen Zwei auf ihre Peiniger verleiht ihnen fast übermenschliche Kräfte und nun wird der Spiess umgedreht, aber hallo und mit Karacho…
Grinsemama (Beatrice Pons/Rose Ross)!
War (auch) dieser Film in Deutschlands Kinos noch unbeanstandet und ungeschnitten zu sehen gewesen (wie zum Beispiel „Ein Zombie hing am Glockenseil“)- und existiert daher eine komplette, hervorragend synchronisierte deutschsprachige Fassung (mehr dazu siehe weiter unten)- so landete (auch) er im Laufe des Videobooms 1984, der Zeit der grossen Horrorfilmverbotswelle hierzulande, dann doch schnell auf dem Index. Das verwundert nicht, folgen doch als Abschluss eines leider seltsam unmotivierten Anfangs (ein Gute-Laune-Wohlfühlseminar wohl, bei dem wir aber immerhin den Regisseur als „Guru“ erleben dürfen) direkt zwei ziemlich explizite Szenen, die in Erinnerung bleiben, letztlich aber auch schon fast die „schlimmsten“ im Film und nicht typisch für ihn sind- eine (sehr gut getrickste) Köpfung (zumal in Zeitlupe) und vor dem zweiten Mord eine (eher versuchte, denn vollzogene, da abgebrochene) Vergewaltigung (immer so eine von den Jugendschützern besonders beäugte Szenerie). Mancher mag versucht sein, hier schon abzuschalten, viele schreien Zeter und Mordio, und Frauenfeindlichkeit, und was noch alles. Nun ja, damit müssen solche Filme halt leben (mehr zu diesem Thema siehe beim „New York Ripper“), doch lässt man sich von der natürlich vorhandenen Splattermentalität des Films vom Anschauen abhalten, verpasst man einen sehr durchdachten und grossartig geschriebenen Racheplot, wie man ihn so tatsächlich selten zu sehen bekommt, und bei dem auch eine arg gestreckte Poolpartysequenz und die über dem Vorspann laufenden „Wir erinnern uns an unsere wilden Zeiten“-Gespräche der Freundinnen nicht wirklich stören.
Wäre sie nicht letztlich auch über die dort natürlich fehlenden Splatterszenen hinaus
so schlecht zurechtgeschnibbelt worden, könnte man sogar die in Deutschland nicht indizierte „Kurzversion“ empfehlen (siehe Daten oben), leider aber fehlen hier eben nicht nur die Splatterszenen.
Natürlich sollte man vorab wissen, auf was man sich mit diesem Film einlässt. Er hat schon so einige brutale Einfälle, die man schwachen Nerven nicht zumuten sollte, doch sind diese, quasi wohldosiert, als Schockmomente über den Film verteilt und machen nicht den Eindruck (wie bei manch anderem Splatterwerk) dem Selbstzweck zu dienen. Alles liegt hier in der Handlung begründet und treibt diese voran, setzt ihr grausige Spitzen auf. Schliesslich ist das keine Naturdokumentation, sondern immer noch ein (sehr präziser) Horrorfilm (ohne Logikpatzer). Und zwar alles in allem geradezu ein klassisch angehauchter, bei dem alles stimmt und alles richtig gemacht wurde- ein modernes Horrorparadebeispiel und mindestens ein kleiner Klassiker.
Die immer vorhandene gefährliche und düstere Atmosphäre ist toll inszeniert, es bedarf nicht vieler Ortswechsel, der Schrecken treibt sein böses Spiel hier auf kleinem Schauplatz (der Wald, das Haus der Täter). Der Zuschauer fühlt sich stets beklemmt und fiebert mit. Ist er anfangs noch voller Mitleid mit den Opferprotagonisten (den -zunächst- scheinbar wehrlos ausgelieferten Frauen), wird gezwungen, zum Voyeur der Spiele der perversen Familie zu werden (was er, der Zuschauer, hier nicht geniessen und somit von „Gewaltverherrlichung“ mitnichten die Rede sein kann), so wendet sich das Blatt später, wenn es im Film gegen die „Bösen“ geht. Da kommt Erleichterung ins Spiel, gar unverhohlene Schadenfreude, endlich einmal trifft es die „Richtigen“, und die Opfer schlagen zurück- dazu sind es dann „auch noch“ Frauen, die das stark und mutig durchziehen. Auch so was sieht man (auch im Genre) viel zu selten, und es ist hier absolut glaubhaft dargebracht.

Mama's ganzer Stolz- Links/Oben: McCleery/McQuade als Addley; Rechts/Unten: Coffin/McGuire als Ike.

Nancy Hendrickson als Abbey.
Der Film ist dazu (und wie oft müssen wir das im Genre vermissen) durchgehend und von allen Akteuren herausragend geschauspielert. Das im Hauptteil des Films übersichtliche Ensemble agiert mitreissend- Beatrice Pons (die unter dem Pseudonym Rose Ross spielte, um, da es sich bei „Muttertag“ um einen unabhängigen Film handelte, keine Probleme mit der Schauspielergewerkschaft zu bekommen) gibt eine „Mutter“, die in schauriger Erinnerung bleibt und Alpträume beschert, allein ihr „Lächeln“ lässt zu Stein erstarren; Coffin und McCleery (auch diese unter Pseudonymen) beweisen Mut zur Hässlichkeit und stossen uns ab, so wie uns ihr Spiel gleichzeitig nicht los lässt, zumal sie auch als Mama’s folgsame Lieblinge sehr überzeugen können; und die Frauen, die auch in der Opferrolle nicht so „dumm“ agieren, wie man das im Genre oft erlebt, räumen schliesslich spätestens (besonders Hendrickson in ihrem bis heute einzigen Film) das Feld sozusagen von hinten auf, wenn sie dann loslegen und sich rächen.
Ein Film mit Spannung pur und am Stück, inklusive (zwar schon zuvor so ähnlich gesehenem, aber grausamst überraschendem) Ende nach dem Finale. Da hats die Söhne und die Mutter endlich dahingerafft (zum Teil wirklich auf originelle Weisen), und es gibt doch (noch) einen Schlag in die Magengrube hinterher. Sollte man sich eher nicht vor dem Schlafengehen gönnen, das Ganze.
Für nur 115.000 Dollar gelang dem Team ein echter, auch in seiner Sprache politisch unkorrekter Knaller, der mit dem Mythos der „Hinterwäldler“ genüsslich und oft genug bitter-schwarzhumorig spielt. Und der als Sahnehäubchen auch noch mit einer grossartigen deutschen Synchronfassung aufwarten kann, zwar manchmal allzu 80er-steril, aber doch sorgfältig und nicht billig dahingeranzt. Alice Treff (eine der markantesten deutschen Frauenstimmen, bekannt für ihre Arbeit für Ruth Gordon in „Harold und Maude“ und „Rosemary’s Baby“ und auch als „Mutter“ in „Psycho 2“) begeistert die ganze Geschichte hindurch, und auch ansonsten wurde nur vom Feinsten damaliger deutscher Stimmen aufgefahren, und das bis in die Nebenrollen.

Links: Deborah Luce als Jackie; Rechts: Tiana Pierce als Trina.

Fazit:
Schockerklassiker mit echtem Format und einer besonders interessanten und auch originellen Geschichte.
Der Film ist zwar
immer mal wieder sehr heftig, aber tatsächlich weniger brutal, als oft darüber erzählt wird (selbst in Großbritannien ist er seit 2015 nicht mehr auf dem Index), und die Indizierung hierzulande (zumal heute noch in Kraft) erscheint überzogen. Da gibts heutzutage viel schlimmeres ab 18.
Vollbild und Ton sind bis heute wunderbar erhalten worden.
Darsteller:
Beatrice Pons (unter dem Namen Rose Ross) als Mutter – Deutsch: Alice Treff
Michael McCleery (unter dem Namen Billy Ray McQuade) als Addley – Deutsch: Karl Schulz
Frederick Coffin (unter dem Namen Holden McGuire) als Ike – Deutsch: Joachim Tennstedt
Nancy Hendrickson als Abbey – Deutsch: Marianne Groß
Deborah Luce als Jackie – Deutsch: Rita Engelmann
Tiana Pierce als Trina – Deutsch: Joseline Gassen
Luisa Marsella (unter dem Namen Marsella Davidson) als Terry – Deutsch: ?
Stanley Knapp als Charlie – Deutsch: Mathias Einert
Scott Lucas als Ladenbesitzer – Deutsch: Ingo Osterloh
Robert Collins als Ernie, Bekannter von Trina – Deutsch: Ronald Nitschke
Charles Kaufman als Seminarleiter – Deutsch: ?

u.A.
Stab:
Regie: Charles Kaufman
Drehbuch: Charles Kaufman, Warren Leight
Kamera: Joseph Mangine
Musik: Phillip Gallo, Clem Vicari jr.
Schnitt: Daniel Loewenthal
Produktionsdesign: Susan Kaufman
Art Direction: Sandy Hamilton, Rex A.Piano
Kostüme: Ellen Lutter
Make Up: Laurie Aiello
Make Up-Effekte: Josie Caruso, Rob E.Holland
Regieassistenz: James Proser
Executive Producer: Alexander Beck
Produktion: Michael Herz, Charles Kaufman



Der Film wurde 2010 „neu verfilmt“, das Remake ist aber total mau und ermüdend harmlos. Darren Lynn Bousman (hat auch diverse „Saw“’s zu verantworten) führte Regie, Rebecca „Die Hand an der Wiege“ De Mornay spielt die Mutter.
Die in Deutschland „Muttertag 2-Die Söhne sind zurück“ bzw.“Muttertag 3-Army Of Zombies“ betitelten finnischen(!) Filme von 1988 und 1991 haben
nichts mit dem Original zu tun, sondern benutzen aus Vermarktungsgründen lediglich den (offenbar nicht geschützten) Titel.
Spoiler/Bodycount:
Als Jackie auf der Flucht der Frauen an ihren schweren Verletzungen, die ihr die Brüder zugefügt haben, stirbt, schwören die beiden Überlebenden Abbey und Trina blutige Rache. Und setzen das dann auch in die Tat um:
- Ike bekommt einen Stahlspiess durch den Hals und einen Hammer zwischen die Beine, Abbey tötet ihn schliesslich durch Ersticken mittels eines Knebels, den sie ihm in den Hals zwängt
- Addley bekommt Giftpulver in den Hals und einen Fernseher über den Kopf, Trina tötet ihn schliesslich mit einem elektrischen Küchenmesser
- Die Mutter wird von Abbey (ganz langsam) mittels Riesenbrüsten aus Plastik erstickt (Foto hierunter links)
Nachdem sie Jackie im Wald beerdigt haben (warum auch immer dort) wollen Abbey und Trina den Wald verlassen. Aus dem Gebüsch werden sie plötzlich von „Queenie“ (der im Wald hausenden Schwester der Mutter, die vorher im Film Erwähnung findet) angefallen (Foto hierunter rechts), das Bild wird zum Standbild. Ende.
Was mit den beiden Frauen und „Queenie“ weiter geschieht, bleibt offen.


Weiterer Bodycount:
Ganz zu Beginn des Films, noch vor dem Vorspann, wird das Liebespaar Charlie und Terry von der grausamen Familie getötet- Charlie wird von Addley mit einer Machete geköpft, Terry von der Mutter mit einem Draht erwürgt.
Auch, wenn die Rechte an dem Film heute bei der berühmten (ob der meisten ihrer Produktionen in Zensorenkreisen auch berüchtigten) Firma Troma liegen, so hat diese doch den Film nicht produziert, und das sogar obwohl der Regisseur der Bruder des Troma-Gründers ist. Letzterer hatte es damals abgelehnt, den Film seines Bruders (mit-) zu produzieren, Jahre später dann gelangten die Verwertungsrechte aber an die Firma.