(74) Veröffentlichung: 17.Oktober2020

WA/Video-VÖ als: Die Geier vom Shilo River*; später (DVD) in D auch als: Deadly Eagle
D/Jugoslawien, 1973 – 95 min. – FSK 12
Jugoslawischer Originaltitel: Krvavi jastrebovi Aljaske

Drehzeit: 11.Juni-21.Juli 1973 (im heutigen Kroatien und in Österreich)
Kinopremiere D: 16.Oktober 1973; Kinopremiere Jugoslawien: Unbekannt
Kinopremiere DDR: 30.Mai 1975 unter dem Titel „Die Höllenhunde von Alaska“, 92 min.
Englischsprachiger Titel: The Hellhounds Of Alaska

* Die Umbenennung war der Bekanntheit von Hauptdarsteller Doug McClure durch die in Deutschland sehr populäre Western-Fernsehserie „Die Leute von der Shiloh Ranch“ (Shiloh hier mit „h“) geschuldet. Man wollte dem sich anbahnenden (erneuten) Misserfolg des Films auch in der weiteren Auswertung entgegenwirken, was aber nicht wirklich gelang.

Die „Glanz“-Zeit des Goldrauschs in Alaska.
Der einzelgängerische Trapper Don Rutland kümmert sich um den kleinen Billy, den fieberkranken Sohn seines schwer verletzten Freundes Sanders (der wenig später zu Tode kommt,
siehe Bodycount). Rutland gibt den Jungen schliesslich in die Obhut von Sheriff Cotton, der einen Goldtransport anführt, mit dem die Nuggets der Goldsucher von Camp Keno in die Stadt zur Bank gebracht werden sollen, und wo der Junge ärztliche Hilfe bekommen kann.
Doch der Transport wird brutal überfallen- Mark Monty und seine Männer, darunter der gnadenlose Lapporte und der verräterische Hilfssheriff Buffins, töten alle Begleiter und stehlen das Gold. Mark, geschockt vom Verlust seines Bruders, der bei dem Überfall ebenfalls stirbt, lässt gegen den Willen seiner Kumpane den Jungen am Leben und entführt ihn.
Buffins kehrt nach Camp Keno zurück, wo die nichtsahnenden Bewohner ihn zum neuen Sheriff ernennen. Als Rutland im Camp auftaucht und Erkundigungen nach dem Verbleib Billy's anstellt, müssen Buffins und die anderen Schurken handeln, damit die Wahrheit nicht ans Licht kommt. Rutland bekommt die Schuld an dem Überfall in die Schuhe geschoben, und wird eingesperrt. Nur Cottons Tochter Rose, der notorische Säufer Capt'n Brandy, die Saloonwirtin Betty und der Boxchampion Ham-A-Ham glauben an seine Unschuld und wollen ihm helfen...


Zur Zeit dieses Films war die immens erfolgreiche deutsche Karl May-Welle (deren letzter Streifen allerdings, vor allem im Vergleich mit seinen Vorgängern, gefloppt war) schon ein paar Jahre vorbei, und auch die Eurowestern allgemein hatten ihre ganz grossen Jahre inzwischen hinter sich. Auch hatten mehrere mindestens „genreähnliche“ Verfilmungen nach Romanen von Jack London (wie zum Beispiel „Der Schrei der schwarzen Wölfe“) sich (nicht nur) in Deutschland schwer getan, ein grösseres Publikum zu finden. So darf man die „blutigen Geier“ durchaus als einen der damals letzten Versuche ansehen, eine Belebung der Filmgattung herbeizuführen, für die sich die deutsche Lisa-Film mit der May-erfahrenen Jadran-Film aus Zagreb zusammentat. Der Film wurde (ohne jedoch einen der beiden Autoren auch nur als Inspirationsgeber zu nennen) erkennbar als Mischung aus May und London konzipiert, sozusagen das „beste“ von beiden zu einer mehr oder weniger neuen (dabei insgesamt gelungenen) Geschichte zusammengeklau(b)t, was den Verantwortlichen offenbar als gute Idee erschien, um an den Kinokassen wieder zu punkten.

Wenn man von vornherein weiss, auf was man sich mit diesem Film einlässt, wird man Spass an ihm haben, und für Fans des (in diesem Fall vielleicht allerdings ein paar Minuten zu lang geratenen) gepflegten Eurowesterns ist er sehr wohl ein Vergnügen- finanziell wurde er jedoch ein (deutlicher) Misserfolg, wofür es mehrere durchaus nachvollziehbare Gründe geben mag.

Zwar ist der Film vom (auch May-)erfahrenen Harald Reinl (mit vielen aus den ebenfalls im damaligen Jugoslawien produzierten May-Filmen bekannten Gesichtern in den Nebenrollen) gewohnt routiniert inszeniert, doch wirkt er hier und da unflotter (aber auch unkonventioneller) als Artverwandtes (was nicht an der angenehmen Kameraführung liegt, die sich sehr aufs Geschehen konzentriert). Der Film verliert sich mehr als einmal in den Handlungsfluss hemmenden Nebensträngen, die es nicht braucht, und das in auffällig selten wechselnden und einfach gehaltenen Szenenbildern (zumeist immer wieder der gleiche Wald, das Lager der Banditen und das Camp Keno). Selbst eine lange Sequenz mit Indianern, inklusive eines „obligatorischen“ Zweikampfs auf Leben und Tod, wirkt irgendwie wie (nachträglich) hineingeschnitten (ist für sich aber durchaus spannend). Daß Hauptdarsteller McClure danach für lange Minuten ganz aus der Handlung verschwindet, kann man hinnehmen, doch ein Manko ist es schon, da damit der gerade „gekürte“ Held fehlt.
Die fantastische jugoslawische Landschaft wird insgesamt zu wenig in Szene gesetzt, lange hält sich der Film in den schneebedeckten (übrigens österreichischen) Bergen auf, was insbesondere zu den zuvor erwähnten Indianern
so gar nicht passen will.

Hinzu kommt wohl auch ein fehlgelaufener Vermarktungsansatz, denn der Film hat ein Problem mit einer grundsätzlichen und konsequenten Entscheidung- der, sich festzulegen (was auch bei der Musik zu beanstanden ist, denn die ist spannungsarm und viel zu getragen): Einerseits zeigt der Film recht brutale Szenen (der Überfall auf den Goldtransport und der Kampf Rutland gegen den Indianer, beziehungsweise eine derbe Folterszene der Indianer an Billy's Vater), dann wieder zelebriert er Wirtshausprügeleien als eher familientaugliche Haudrauf-aber-ohne-Blut-Choreographie.
Um das noch zu toppen, hat er wiederholt einen komödiantischen Touch (gar bis nah an Slapstick heran), mit
Dialogen, die eigentlich nicht ernst gemeint sein können und zeituntypischen Sprüchen. Da sowohl der vielfältig tätige Regisseur als auch Drehbuchautor Nachmann so einige Erfahrungen im deutschhumorigen Film haben (zum Beispiel mit den „Penne“-Filmen, aber auch schlimmerem wie „Auch Fummeln will gelernt sein“) fragt man sich, ob das nun gewollt war oder nicht. Zoten werden zwar vermieden, auf peinliches (und niemals lustiges) Gebaren unter starkem Alkoholeinfluss aber leider nicht- so gehen Heinz Reincke's und Branko Spoljar's durchaus ansehnliche Darstellerleistungen in ihrem ständigen Herumgelalle unter.

Den Film in der Bewerbung dann als durchgängig ernstes Actionabenteuer darzustellen (was er eben nicht ist) endete bei den Anhängern eines typischen Ballerwesternspektakels eher so bei „nix halbes und nix ganzes“, und das regelmässige ironische Augenzwinkern mag mancher als nervig und unpassend empfunden haben. Wer jedoch genaus dies mag, wurde erst gar nicht erreicht.

Die „Bösen“ im Film bilden das gesamte Schema des Genres ab, wenn auch Harald Leipnitz zwar gewohnt gut, aber zu zurückhaltend spielt (man wünscht ihn sich hier mehr so ultrafies wie als „Ölprinz“, und seine Sympathien für den kleinen Billy, den er irgendwie als „Ersatz“ für seinen früh getöteten Bruder annimmt, sind nicht wirklich nachvollziehbar); Klaus Löwitsch gleicht das dafür aus, und hält Durchtrieben- und Garstigkeit ganz hoch, zieht aber dafür auch sein eigenes Ding durch; und Miha Baloh als verschlagener Buffins mit seinen zwei Gesichtern ist hier eine wahre Entdeckung.

Die „Guten“ müssen sich im wahrsten Sinne des Wortes erst einmal zusammenraufen, bestehen dann aber als überzeugende Einheit, die letztlich nur als Team gewinnen kann. Trotz oder gerade wegen seines arg übertriebenen Agierens ist der Amerikaner Doug McClure schon wegen seiner Erscheinung geradezu prädestiniert für die Heldenrolle als sich zunächst aus Überzeugung einsam durchschlagender Kämpfer, der seine Verantwortung für das Kind aber schliesslich ernst nimmt und seinen Kopf für die Schwachen hinhält (mangels guter Angebote in seiner Heimat kam McClure mit diesem Film nach Europa, wo er danach vor allem mit den
Amicus-Phantasyfilmen, zum Beispiel "Caprona-Das vergessene Land", grosse Erfolge feiern konnte). Heinz Reincke spielt so nordisch charmant, daß man ihm das dauernde Herumtorkeln zwar verzeiht, kann sich aber dadurch auch nicht recht in Szene setzen (wie bereits erwähnt); und Kristina Nel ist eher tough als den sonst unvermeidlichen sexy Frauenpart zu übernehmen (was zur Folge hat, daß die vom Zuschauer eigentlich erwartete Romanze mit McClure ausfällt, einfach so). Erwähnt sei noch Roberto Blanco (genau der, heute nur noch bekannt als gealterter und arroganter Schlagerfuzzi), der überraschenderweise einige Filme in seiner Laufbahn aufzuweisen hat- sein Bud Spencer-Verschnitt entpuppt sich hier zwar nicht als echtes Schauspiel, aber die Skurrilität des Films erreicht mit diesem Charakter und seinem Verhalten ihren Höhepunkt. Passt also dazu.

Fazit:
Liebens- und sehenswerte, manchmal aber zu sprunghafte Mischung zwischen Komik und Gewaltszenen, mit etwas überdrehten Schauspielerleistungen. Hier und da fast nach Art eines „Western von Gestern“ (bekannt aus dem Fernsehen), aber eine feine Ergänzung oder auch Alternative zu den deutschen Karl May-Verfilmungen.
Die (Nach-)Synchronisation ist passend und gut gearbeitet wie das selten in anderen Filmen gehandhabt wurde.

Darsteller:
Doug McClure (als Don Rutland) – Deutsch: Manfred Seipold
Harald Leipnitz (als Mark Monty)
Klaus Löwitsch (als Lapporte)
Miha Baloh (als Buffins) – Deutsch: ?
Kristina Nel (als Rose Cotton) – Deutsch: Christina Hoeltel
Roberto Blanco (als Ham-A-Ham)
Angelica Ott (als Betty, Saloonwirtin)
Heinz Reincke (als Captain Brandy)
Ivan Stimac (als der kleine Billy Sanders) – Deutsch: ?
Kurt Bülau (als Billy's Vater)
Vladimir Krstulovic (als Sheriff Cotton, Rose's Vater) – Deutsch: ?
Branko Spoljar (als „Doc“, Monty's Gehilfe) – Deutsch: ?
Vojislav Govedarica (als Achua-Hua, Indianerhäuptling) – Deutsch: Norbert Gastell
Vladimir Medar (als Hotelbesitzer) – Deutsch: Klaus W.Krause
Fahro Konjhodzic (als Tinker, Bewohner von Camp Keno) – Deutsch: ?
Ilija Ivezic (als Frank Fox, Bewohner von Camp Keno) – Deutsch: Thomas Braut
u.A.

Die deutschsprachigen Darsteller (mit Ausnahme von Kristina Nel) haben sich selbst nachsynchronisiert.

Stab:
Regie: Harald Reinl
Drehbuch: Johannes Weiss (=Kurt Nachmann)
Kamera: Heinz Hölscher
Kameraassistenz: Wolfgang Eulau, Horst Knechtel
Musik: Bruno Nicolai
Schnitt: Eva Zeyn
Bauten: Zeljko Senecic
Kostüme: Ina Stein
Make Up: Hedy Polensky
Regieassistenz: Radenko Ostojic, Charles Wakefield
Herstellungsleitung: Stipe Gurdulic
Produktionsleitung: Günter Sturm
Produktion: Karl Spiehs

Der einzige zumindest Greifvogel, der im Film auftaucht, ist ein Adler(!) der den kleinen Billy (kurz, recht unmotiviert und eher unpassend und schlecht getrickst in den Film geschnitten) angreift und im Gesicht verletzt- Foto hierunter rechts; Links: Werbung zum Film aus der damaligen DDR:

Spoiler:
Obwohl die Schurken noch versuchen, ihren plötzlichen Reichtum mit dem Fund einer Goldmine zu erklären (wobei ihre „Bonanza!“-und damit „Goldgrube!“-Rufe als Anspielung auf die gleichnamige Fernsehserie als gelungener Gag am Rande gelten können), werden die Schurken von Rutland und vor allem seinen Freunden als wahre Missetäter überführt (was im Film allerdings, obwohl die Zeit für ausführlicheres gewesen wäre, ein wenig hopplahopp vonstatten geht). Rutland schliesslich muss jedoch im Alleingang die Verbrecher zur Rechenschaft ziehen (siehe Bodycount) und Billy befreien. Billy's Hund Buck opfert dabei sein Leben für den Jungen.
Die Bewohner von Camp Keno bieten Rutland den vakanten Sheriffsposten an, doch Rutland kehrt mit seinem Freund Billy in die Wildnis zurück.

Bodycount:
- Beim Überfall auf den Goldtransport werden die vier Begleiter des Transports von den Banditen erschossen; Sheriff Cotton erschiesst Mark Monty's Bruder Robbie, und wird daraufhin von Mark zu Tode geprügelt.
- Billy's Vater wird von Indianern zu Tode gefoltert, weil er in ihren Jagdgründen nach Gold schürfte. Zwar kämpft Rutland in einem Zweikampf gegen den Häuptling Achua-Hua noch um Sanders' Leben, doch sind dessen Verletzungen letztlich zu schwer- er stirbt in Rutlands Armen.
- Mark Monty ersticht Captain Brandy, der seiner Freundin Betty, die Monty vergewaltigen will, zu Hilfe kommt
- „Doc“ wird von Lapporte bei dessen feigem Fluchtversuch (siehe Spoiler) rücksichtslos „über den Haufen“ geritten
- Rutland erschiesst Lapporte
- Mark Monty stürzt während des finalen Kampfes mit Rutland einen Wasserfall hinunter (siehe Foto)
(Insgesamt 11)