In
Schwarz/Weiss
D/Italien/Frankreich,
1962 – 82 min.- FSK 12
Originaltitel
Italien: Sherlock Holmes-La valle del terrore
Originaltitel
Frankreich: Sherlock Holmes et le Collier de la
mort
Englischsprachiger Titel: Sherlock Holmes and the Deadly
Necklace; auch:
Valley Of Fear
Drehzeit:
Juli/August 1962 in Dublin, London und Berlin (Letztere Stadt nur
Studio)
Kinopremieren:
D-
30.November 1962; Italien- 3.Mai 1963; Frankreich: 20.Mai
1964
Darsteller:
Christopher Lee als Sherlock Holmes – Deutsch: Harry Wüstenhagen
Thorley
Walters als Dr. Watson – Deutsch: Alexander Welbat
Hans Söhnker
als Professor Moriarty
Hans Nielsen als Inspector Cooper von
Scotland Yard
Edith Schultze-Westrum als Mrs.Hudson, Holmes'
Haushälterin
Senta Berger als Ellen Blackburn
Ivan Desny als
Paul King, Freund der Blackburn's – Deutsch: Gert Günther Hoffmann
Wolfgang Lukschy als
Peter Blackburn, Ellen's Mann
Leon Askin als Charles, Chauffeur/Handlanger
von Moriarty – Deutsch: Eduard Wandrey
Bernard La Jarrige als Inspektor French, Dorfpolizist - Deutsch: ?
Bruno
W.Pantel (hier:
Panthel) als Auktionator
Heinrich Gies als Texaner, Ersteigerer des Halsbandes
u.A.
(Die
Darsteller ohne besonderen Vermerk haben sich selbst
nachsynchronisiert)
Vor
einigen Jahren fand der skrupellose und gerne mit illegalen Mitteln
bis hin zum Mord arbeitende Archäologe Professor Moriarty (ein
„ewiger“ Erzfeind von Sherlock Holmes, der Holmes jedoch meist
entwischen kann)
in Ägypten das wertvolle und sagenumwobene „Halsband der
Kleopatra“. Doch entwendete der Expeditionsteilnehmer Peter
Blackburn damals dieses, und verschwand damit auf erstmal
Nimmerwiedersehn.
Auch durch Zufall (aber auch, weil Holmes den
Moriarty eh immer auf dem Kieker und unter Beobachtung hat) geraten
Sherlock Holmes und sein Freund und Mitstreiter Dr.Watson nun in
ihren neuen Fall um genau dieses Halsband.
Moriarty hat Blackburn
ausfindig gemacht und beschafft sich das Halsband wieder, Holmes
jedoch macht sich auf, um dem Recht zu seinem Sieg zu verhelfen (was
in diesem Fall darin besteht, daß das Halsband an den Meistbietenden
verhökert werden soll).
Letztlich schleicht sich Holmes sogar in Moriarty's Bande ein, um das
Hin und her um das Halsband endgültig zu beenden...
In
den frühen 1960er Jahren lag ganz Kinodeutschland im (von den Edgar Wallace-Filmen
angeheizten) Krimifieber, und so blieb es nicht aus, daß sich
Produzenten wie der Auf-jeden-Zug-Springer
Artur Brauner auch an dieses Genre wagten, das hierzulande so lange
schmählich behandelt worden war. Nach Stoffen von Wallace-Sohnemann
Bryan Edgar und „Dr.Mabuse“-Gruselkrimis produzierte Brauner nun
auch eine (sehr freie) Sherlock Holmes-Adaption, um noch mehr vom
Kassenkuchen abzubekommen. Wohl der Internationalität wegen wählte
er für die Hauptrollen englische Schauspieler (den damals bereits
zweifach Edgar
Wallace-erfahrenen
Christopher Lee als Holmes und den hierzulande noch unbekannten
Thorley Walters als Watson) und drehte die Aussenaufnahmen teils an
Originalschauplätzen beziehungsweise immerhin in Irland. Das gibt
dem Film eine passende und tolle Atmosphäre, die auch über die eher
bescheidenen Innenkulissen hinwegtröstet- am grossen Manko des
(tatsächlich jedoch insgesamt sehenswerten) Films (dem Plot, dazu
mehr im weiteren Text)
ändert es leider nichts.
Die eigentliche Geschichte um das Halsband beginnt im Film erst jetzt, nach mehr als zwanzig Minuten (Vorher geht es auch viel um den alten Zwist zwischen Holmes und Moriarty allgemein) und lässt das Tempo merklich abflauen- der Plot für sich hat schlicht nicht wirklich das Format für einen abendfüllenden Film.
Ohne wirkliche Höhen dümpelt die eigentliche Geschichte so vor sich hin, nur wenig Spannung kommt auf, und wenn, geht alles zu ruckartig oder sie wird schnell wieder runtergefahren (wie, als Watson Schuld hat, daß man ihn und Holmes bei einer „Abhöraktion“ fast erwischt; oder Holmes' allzu einfacher Einbruch in Moriarty's Haus und dessen „Sicherheitsvorkehrungen“). Auch ist in entscheidenden Momenten allzu vorhersehbar, was als nächstes passiert (wie der Mord an Mister Blackburn, der gar keiner ist). Auch vermisst man Sherlock Holmes' legendäre Ermittlungsarbeit- ihm fliegen zu viele Erkenntnisse übertrieben oft einfach so zu.
Mehr als ein „Er hat sich stets Mühe gegeben“ kann man dafür dem Drehbuchschreiber nicht zugestehen, und selbst Terence Fisher hat hier nicht immer sein sonst gutes Inszenierhändchen bewiesen, das es hätte vielleicht noch rausreissen können. Da sind die Logik- und Anschlussfehler (und die Frage, warum Holmes am Ende das so schwer erbeutete Halsband per Post zur Auktion schickt) noch das geringste Übel.
Was aber letztlich den Film für den Zuschauer rettet, ihn vorantreibt und ansehnlich macht, ist das Gesamtpaket Film. Nette kleine Verwicklungen am Rande, zarte (kurze) Verwirrungen und vor allem pointierte und geistreiche Dialoge zwischen den Protagonisten, die locker das Niveau schwarzen englischen Humors erreichen, blitzen immer wieder auf und unterhalten. Die Kameraführung ist stets vorbildlich, der Schnitt knackig und die Musik zurückhaltend, aber umso punktgenauer.
Und: über wirklich jeden Zweifel erhaben und überzeugend ist das ausgesucht edle Darstellerensemble.
Christopher Lee ist ein auffallend junger, auch körperlich fitter Holmes, locker-flocker-sympathisch und weit weniger Klugscheisserisch (obwohl auch er alles besser und schneller weiss als die anderen) als Holmes in vielen anderen Verfilmungen daherkommt (und ein Verwandlungskünstler ist er hier noch dazu). Der Film scheint auf ihn zugeschnitten (für ihn geschrieben), und zudem hat er offensichtlich viel Spass an der Rolle gehabt, und das kommt beim Zuschauer auch so rüber.
Thorley Walters als Holmes ist sein perfektes Pendant. Etwas schüchtern, in den falschen Momenten schusselig, aber der beste Helfer und Freund, wenn es drauf ankommt.
Ein tolles Ermittler- und Schauspielteam, die hier und da auch nicht alles so bierernst nehmen (und gerne mal gemeinsam genau so eines schlürfen). Die beiden zusammen hätten sehr wohl, bei besseren Geschichten, auch eine Filmreihe tragen können und es wäre interessant gewesen, eine solche zu sehen.
Obwohl gerade Lee durch seine Omnipräsenz den anderen Darstellern manchesmal Raum für deren volle Entfaltung nimmt, können auch diese begeistern:
Hans Söhnker kann auch hervorragend Böse- überheblich und arrogant kommt er, doch stets Genlemanlike gekleidet und agierend, daher, von sich und seinem Sieg überzeugt. So sehr, daß er Holmes sogar für sich anheuern will (denn seinen Gegner umbringen kann ja jeder, obwohl er auch das noch versucht). Noch in der Niederlage und von Holmes zum Gutachter erniedrigt, grinst er, so schelmisch wie verächtlich, wohl wissend, daß er noch einiges in Petto hat.
Der wie immer souveräne Hans Nielsen ist als Polizist selbstbewusst genug, daß er Holmes keinen Honig ums Maul schmieren muss, und doch dessen Leistung anerkennen kann. Nielsen macht aus der relativ kleinen Rolle ein Ereignis, und man wünscht sich mehr von ihm.
Edith Schultze-Westrum kalauert klasse; Wolfgang Lukschy ist viel zu schnell wieder weg; und obwohl man sich bei Berger und Desny fragt, ob man die Rollen nicht auch hätte weglassen können, würde man sie doch im Schauspielerreigen vermissen, so gut machen die beiden ihre Arbeit.
Fazit:
Sozusagen Inhalt pfui, Verpackung hui, und doch dank Drumherum und Darstellern des Gesamtgenusses wert und ein kurzweiliger Krimispass.
Bessere Sherlock Holmes-Verfilmungen gibt es schon, einen besseren Holmes-Darsteller nur selten.
Stab:
Regie:
Terence Fisher
Drehbuch: Curt Siodmak*
Unter
Verwendung von Charakteren von Arthur Conan Doyle*
Kamera:
Richard Angst
Musik: Martin Slavin
Schnitt: Ira Oberberg
Ton:
Gerhard Müller
Bauten: Paul Markwitz
Kostüme: Vera
Mügge
Regieassistenz/Deutsche Dialogregie: Frank
Winterstein
Aufnahmeleitung: Alfred Arbeiter, Erwin
Stolle
Produktionsüberwachung: Henry Lester
Herstellungsleitung:
Wolf Brauner
Gesamtleitung/Produktion: Artur Brauner (CCC Film)
*
Der
Handlungsteil mit Blackburn's Vortäuschen seines eigenen Todes kommt
so
ähnlich
in Arthur
Conan Doyle's Sherlock Holmes-Roman „Das Tal der Angst“
(Originaltitel: „The Valley Of Fear“, von 1915) vor, ansonsten
aber gibt es keine
Gemeinsamkeiten dieses Romans mit der Filmhandlung.
International reichte das jedoch einigen Verleihern, darunter den
mitproduzierenden italienischen, um bei der Titelvergabe Bezug auf
eben diesen Roman zu nehmen.
Es existiert kein Sherlock
Holmes-Roman mit dem „Halsband“-Titel, und auch keiner, der
Ähnlichkeiten zur Filmhandlung aufweist. Die Handlung des Films
wurde vom deutsch-amerikanischen Drehbuchautor Curt Siodmak (schrieb u.A.auch mehrere Drehbücher für die Universal-Horrorfilme in den 1940ern) neu und frei für den Film erdacht.
Holmes gelingt es gleich zweimal, (wieder) in den Besitz des Halsbandes zu gelangen. Erst „stiehlt“ er es aus Moriarty's Haus (Foto Links), dann bei Moriarty's erneuter Beschaffungsaktion als dessen gefaktes Bandenmitglied aus Polizeibesitz- nur, um es natürlich dieser zurückzugeben.
Bei der abschliessenden Auktion, ber der Moriarty auch noch widerwillig die Echtheit des Halsbandes bestätigen muss, ersteht schliesslich ein Mann aus Texas das Schmuckstück. Der „Verlierer“ Moriarty kann aber ungehindert seines Weges gehen, da ihm (mal wieder) nichts nachzuweisen ist.
Dies und die letzte Szene deuten mindestens eine Fortsetzung des Films an- Holmes nimmt Bezug auf Jack the Ripper, der wieder zugeschlagen hat, und daß er sich nun diesem Fall widmen will. Zu einem weiteren deutschen Holmes-Film mit Christopher Lee kam es jedoch nie, und (bis heute) auch nicht zu einer weiteren deutschen Holmes-Kinoadaption.
Bodycount:
- In der Themse treibt die Leiche eines Seemannes (weder wird die Tat gezeigt, noch eindeutig klar, warum er sterben musste- jedoch, daß der Täter ein Handlanger Moriarty's war).
- Jenkins, ein Informant von Holmes, wird erstochen. Er stirbt in Holmes' Haus und dessen Armen und kann Holmes einen ersten, wichtigen Hinweis in dem neuen Fall liefern (die Tat wird nicht gezeigt, Täter war aber sicherlich ein Handlanger Moriarty's).
- Mister Blackburn erschlägt einen Handlanger Moriarty's bei dessen Einbruch und Mordversuch an Blackburn mit einem Hammer. Die Leiche wird von Ellen und Paul als die von Blackburn „ausgegeben“, damit dieser als tot gilt, jedoch kommt Holmes schnell dahinter.
- Blackburn wird tatsächlich erstochen (die Tat wird nicht gezeigt, doch die Umstände weisen auf Charles als Täter hin).
Christopher
Lee und seine weiteren Sherlock Holmes-Verfilmungen:
1959
Der Hund von Baskerville (als Henry von Baskerville, Regie: Terence
Fisher)
1970 Das Privatleben des Sherlock Holmes (als Mycroft,
Sherlocks' Bruder; Regie:Billy Wilder)
1985 The Many Faces Of
Sherlock Holmes (Dokumentation; als Moderator)
1991 Sherlock
Holmes und die Primadonna (US-TV, Zweiteiler; als Sherlock
Holmes)
1992 Sherlock Holmes und der Stern von Afrika (US-TV,
Zweiteiler; als Sherlock Holmes)
Desweiteren
sprach Lee zwischen 1992 und 2000 mehrere Hörbücher mit Sherlock
Holmes-Geschichten ein