(59) Veröffentlichung: 13.Januar 2020

Italien, 1980 – Originallänge: 92 min. – Länge Kino D: 84 min./FSK 16*
Originaltitel: Alien 2-Sulla Terra
* Die ungekürzte Version war in Deutschland bis Mai 2017 indiziert. Bei heutigen VÖ ist daher darauf zu achten, daß auch die Originalversion enthalten ist.
Kinopremieren: Italien- 11.April 1980; D- 19.März 1982
Die vor allem in der Nach-Kinoauswertung erfolgreiche englischsprachige Version des Films wurde auch unter den Titeln "Alien Terror" und "Alien 2-On Earth" vermarktet.

Mysteriöserweise ohne ihre Besatzung, landet anfangs eine Raumkapsel der NASA vor San Diego im Pazifik. Zahlreiche Theorien darüber, was mit den Astronauten geschehen ist, beschäftigen die Menschen. Zur gleichen Zeit ist eine Gruppe von amerikanischen Höhlenforschern inklusive der telepathisch begabten (unwichtig für die Handlung, aber gut für schlimme Vorahnungen und ein paar kluge Sprüche) Joyce unterwegs, um in bisher unbekanntem Terrain ihrer Arbeit nachzugehen (eine Höhle zu erforschen- im wahren Leben die Grotte di Castellana in der Provinz Bari/Italien, während viele Aussenaufnahmen tatsächlich in Kalifornien entstanden). Kurz vorher finden sie einen seltsamen blauen Stein, den sie verheerenderweise in die mehrere hundert Meter Tiefe (und damit, wir ahnen es, ihr Grab) mitnehmen.
Der Stein platzt auf, und ein blutrünstiges Alien fällt über die Forscher her. Es tötet als erstes Maureen und Burt. Die Gruppe gerät in Panik, tut
(Splatterfilmklassisch) nur noch dumme Dinge (löst sich in ihre Einzelmitglieder auf) und wird nach und nach dezimiert...

An die Arbeit... Belinda Mayne und Marc Bodin.
... und los geht das Grauen. (Links: Benny Aldrich)

Dieser Film ist trotz seines (eigentlich tatsächlich ganz schön unverschämten, auch-) Originaltitels ganz und gar nicht und schon gar keine auch nur irgendwie offizielle Fortsetzung des Films „Alien“ (der in Deutschland mit diesem langen Titelzusatz hintendran lief) von Ridley Scott aus dem Jahr 1979, einem der grossen Klassiker des Science-Fiction-Films und ein unbestrittenes Meisterwerk (das bis heute fünf offizielle Fortsetzungen nach sich zog). Zu viel fehlt es hier, das kann gesagt werden, ohne dem Film zu nahe zu treten, an neuen und wirklich innovativen Handlungssträngen (die es ja allerdings auch in Scott's Film nicht unbedingt gibt, siehe Mario Bava's "Planet der Vampire" bereits von 1965); fehlt es vor allem jedoch sichtbar an investiertem Geld (gerade einmal etwa umgerechnet 200.000 Euro soll dieser Film gekostet haben, nach Kritikermeinung teilweise hergestellt in des Regisseurs Keller, was man bei Ansicht ab und an glauben mag, und in nur etwas mehr als vier Wochen); und fehlt es zweifellos auch an wirklich hochprofessioneller Arbeitsweise. Allerdings ist es auch schon unfair und letztlich unangebracht, diese Filme überhaupt miteinander zu vergleichen, und alles in allem ist dieses "Alien 2" eben doch und für sich bemerkens- und ansehenswert.
Es ist, wie es ist- natürlich ist dieser Film (den sogar ursprünglich Mario Bava himself inszenieren sollte, der dann aber doch keine Zeit hatte, oder vielleicht auch keine Lust) Trash as only Trash can be. Aber Hallo! Und war trotz allem (inklusive einer tatsächlich nicht gewonnenen Plagiatsklage der „Alien“-Produzenten, da schon in den dreissiger Jahren ein Roman unter dem Titel "Alien" erschienen war*) auch noch ein mehr als nur ansehnlicher kommerzieller Erfolg in Italien (ausgehend von seinen Herstellungskosten sogar ein regelrechter Blockbuster), und auch andernorts.
Sicherlich
hat man sich hier an den Erfolg eines anderen Films "rangehängt", aber genauso war es offensichtlich jedem Beteiligten klar, worauf er/sie sich hier eingelassen hat. Heraus kam etwas ganz spezielles, mit einem wunderbaren, dem Trash allgemein und im besonderen diesem Film eigenen Charme, zu dem auch unfreiwillige Komik und bescheidene (aber wunderbar handgemachte) Effekte gehören.
Nach eigener Aussage inspiriert von einem der Plakate zu Lucio Fulci’s Splatterfilm „Zombi (sic) 2“, in Deutschland: „Woodoo-Die Schreckensinsel der Zombies“ (selber ja auch keine offizielle Fortsetzung), schuf Regisseur (und mehr) Ippolito (ansonsten ohne erwähnenswerte Filmwerke) einfach einen kleinen, manchmal ob seiner Naivität auch amüsanten, aber zumeist unterhaltsamen, durch ständige sichtbare Enge beklemmenden Mix aus Science Fiction und Splatterfilm, von ersterem die Handlung, von zweiterem die (deftig-prächtige) Zeigefreudigkeit. Ein aufs wesentliche, vielleicht sogar aufs wichtigste, reduzierter Film, dem man (vor allem als Fan des Genres) seine äussere Schlichtheit verzeiht.


Zugegeben, anfangs wird, nach aufheizenden und in Laune bringenden ersten Minuten allerdings, schon recht viel und lange in einer Höhle hin- und her herumgewandert, bis endlich zum Punkt gekommen wird, und die Handlung an Fahrt gewinnt, aber dann… es lohnt sich absolut, durchzuhalten, auch wenn bei diesem Film ein bisschen viel, wortwörtlich, im Dunkeln bleibt.
Denn dann geht es Schlag auf Schlag und ohne grosse Pausen oder Ruhemomente, und man muss sich nach und nach von den Protagonisten verabschieden. Man, und dafür muss man kein erfahrener Filmseher sein, weiss quasi sofort, wer, beziehungsweise was, da sein Unwesen treibt, sagt ja auch schon der Titel (viel vom Alien sieht man nicht, hier mal sowas wie ein Ei, dort etwas Glibber und ein zuckender Fangarm, letzterer allerdings tatsächlich beeindruckend und furchterregend echt wirkend).
Genauso meint man, auch dank der für den Zuseher übersichtlichen und örtlich begrenzten Szenerie, in der der Film spielt, zu wissen, wie das alles ausgehen wird, enden muss. Ein respektabler, grosser Verdienst des Films, daß er das zu Stande bringt, sei es aus Absicht oder eher als Zufallsergebnis nebenbei passiert, jedenfalls jedoch kommt der grosse Paukenschlag nach dem vermeintlichen Finale erst noch. Und der hat es in sich. Man sollte sich eben nie zu früh freuen...
Die Darsteller der Protagonisten sind zumeist nicht unbedingt das Gelbe vom Ei (geben sich aber Mühe, auch des wunderbaren Akteurs Ferdy Mayne’s Tochter Belinda, die den grossen Durchbruch ja nie schaffte und vor allem auf kleinere Rollen in Horrorfilmen abonniert war), aber spürbar ist das alles mit Liebe zum Film entstanden. Man hat durchaus schon (viel) schlechteres gesehen und den ein und anderen Lichtblick gibt es ja doch.

Fazit:
Egal, was es technisch und an den Schauspielern zu Recht zu bemängeln geben mag, das hier ist alles in allem formidabler, liebenswerter und äusserst charmanter B-Movie-Trash für den Liebhaber des etwas anderen Films,

Man sollte darauf achten, eine „remasterte“ Version zu Gehör zu bekommen, ältere DVD's mit der original Kinosynchronisation sind soundtechnisch mehr als nur anstrengend.
Die Musik übrigens ist tatsächlich von „den“ Oliver Onions, und klingt zumeist weitaus düsterer, als was man ansonsten von ihnen (zum Beispiel aus Spencer/Hill-Werken) gewohnt ist. 
* Später verklagte Regisseur Ippolito selbst die Produzenten des Films „The Descent – Abgrund des Grauens“ (GB, 2005) aufgrund doch recht deutlicher und auffälliger Handlungsähnlichkeiten mit seinem Film.
Darsteller:
Belinda Mayne als Thelma Joyce – Deutsch: ?
Marc Bodin als Roy – Deutsch: Frank Glaubrecht
Roberto Barrese als Chef der Höhlenforscher – Deutsch: ?
Benny Aldrich (=Benedetta Fantoli) als Maureen – Deutsch: ?
Michael Shaw (=Michele Soavi) als Burt – Deutsch: Michael Nowka
Judy Perrin (=Valeria Perilli) als Jill – Deutsch: ?
Don Parkinson (=Danilo Michel) als Bill – Deutsch: Thomas Petruo
u.A.
Stab:
Regie, Drehbuch, Produktion: Ciro Ippolito (unter dem Namen Sam Cromwell)
Musik: Guido und Maurizio deAngelis (unter dem Namen Oliver Onions)
Kamera: Silvio Fraschetti
Schnitt: Carlo Broglio
Produktionsdesign: Angelo Mattei, Mario Molli
Make Up: Lamberto Marini
Kostüme: Valeria Valenza
Spezialeffekte: Ciro Ippolito (unter dem Namen Donald Patterly), Mario Bava (ungenannt)
Regieassistenz: Angela Rosa Taccari, Ernesto Triunveri
Produktionsleitung: Nino Milano, Aldo Nibbi
Mitproduzent: Angiolo Stella



Siehe auch:
„Astaron-Die Brut des Schreckens“
(Bezug der Filme zueinander und zum Film "Alien", GB/USA, 1979)

Spoiler:
Nur Thelma und Roy überleben das Höhlenmassaker und können sich an die Erdoberfläche retten. Im menschenleeren San Diego erwischt es dann jedoch auch Roy, und Thelma muss feststellen, daß sie nun der letzte lebende Mensch ist (
daher kann bei diesem Film auf den sonst üblichen Bodycount verzichtet werden)- alle anderen wurden von den Aliens, die die ganze Zeit auch oberirdisch gewütet hatten, getötet.
Der Film endet mit der einsamen Thelma und der Einblendung „Jetzt kann es auch Dich treffen!“ (Italienisch: „O
ra può colpire anche te“).


Zum Aussehen des Covers der ersten deutschen Video-VÖ passt der Werbespruch unten...