(41) Veröffentlicht: 27.August 2019

DAS KABINETT DES SCHRECKENS
USA, 1981 – Originallänge: 95 min. – Kinofassung D: 91 min.* – FSK 16
Originaltitel: The Funhouse
* Die Szenen, die aus der deutschen Kinofassung herausgeschnitten waren, wurden neueren (DVD/Blue Ray-)Veröffentlichungen im Originalton mit deutschen Untertiteln wieder hinzugefügt; auch diese Fassung hat heute eine FSK 16.

Drehzeit: 10.März-Mai 1980
Kinopremieren: USA- 13.März 1981; D- 26.Juni 1981


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Anfang der achtziger Jahre des nun schon lange vergangenen Jahrhunderts gab es einen wahren Boom von heftigeren Horrorfilmen (Splattern und Slashern) und solchen, die sich so nannten, und sie schossen nur so aus den Ateliers der Filmstudios. Alle wollten etwas vom Einspiel-Kuchen abhaben, und der geneigte Zuschauer wurde mit (wenigen) oft fort- und weiterfortgesetzten und später gern remakten Klassikern ebenso verwöhnt wie von schludrig hergestellter Massenware- nach stets dem gleichen Muster- überhäuft und genervt. Irgendwo dazwischen gab es aber die Filme, die in der Menge einfach nur untergingen, übersehen wurden, schnell vergessen waren, aus unterschiedlichen Gründen, oft aber weil es deren einfach zu viele gab- und darunter manch Film, der genau das nicht verdient hatte.


Eine besonders in Europa unbeachtete Perle ist dieser Film, und das sogar, obwohl niemand geringerer als Tobe „Chainsaw Massacre“ Hooper dafür verantwortlich zeichnete. Nun gut, das muss nicht viel heissen, hat er (oder, wenn man den Gerüchten glaubt, nicht doch Herr Spielberg?) doch schon im Jahr hiernach so eine uninspirierte Gurke wie den „Poltergeist“ verzapft und andererseits kurz vorher den grossartigen „Motel Hell“ abgelehnt- sicheres Händchen geht anders. Aber hier war er in Topform (auch, wenn sein darauffolgender Weg in den Mainstream in seiner Handschrift schon erkennbar ist, und der Film hier und da bereits ein wenig in diese Richtung „geschliffen" wurde). Er ieferte einen Höhepunkt einer Art von neuem Subgenre des Teenagerslashers, in dem der Horror unvermittelt dort zuschlägt, wo eigentlich Freude und Spass zu Hause sind, beziehungsweise sein sollten- hier auf einem Rummelplatz.

Nach einem an sich schon unheimlichen Vorspann mit diversen „Horrorpuppen“ und eingängig-düsterer Musik beginnt der Film mit einer gelungenen und überhaupt nicht peinlichen Verneigung vor zwei absoluten Genregrössen („Psycho“ und „Halloween“), bei der sich ein scheinbarer Duschmörder als kleiner, makabre Späße treibender Bruder der Hauptperson Amy entpuppt.
Danach findet der Film sofort in seine ganz eigene Spur und Erzählweise (mit erfreulich wenigen dämlichen Teenagerdialogen). Die noch ruhigen ersten Minuten (der erste Mord geschieht gar erst zur Filmhalbzeit) bauen langsam die Spannung auf, hier lernt man die Hauptpersonen kennen (natürlich nur die „Guten“, die „Bösen“ sind erstmal nur unauffällig am Rande zu sehen), und schliesst sie ins Herz (und weiss als Genrekenner doch genau, daß eben das ein Fehler ist, denn umso weher wird tun, was ihnen unausweichlich passieren wird). Dann aber beginnt der Horror, und man ist abrupt in einem der atmosphärisch dichtesten Filme der Ära. Das Unheil ist allgegenwärtig, das Böse schlägt zu, und man will keine Sekunde mehr verpassen. Bis zur letzten Szene hält der Film den Zuschauer gefangen, manchesmal will man eigentlich wegschaun, aber es gelingt nicht. Man wird förmlich hineingezogen in dieses wirklich grossartige Werk, dessen letzte halbe Stunde endgültig zum (auch zeigefreudigen) Schocker par excellence ausartet.


Die vier Teenager Buzz, Amy, Liz und Richie kommen zum Ende ihres ausgiebigen Rummelplatzbesuchs auf eine nur scheinbar lustige Idee- nach der letzten Fahrt der Gruselattraktion „The Funhouse“ (eine besonders aufregende Mischung zwischen Geisterbahn und Horrorclownauftritten) lassen sie sich dort einschliessen, um die Nacht in dem unheimlichen Ambiente zu verbringen. Zunächst haben alle ihren Spass, doch dann müssen sie beobachten wie der entstellte Sohn des Besitzers, grausam eine Rummeplatzkollegin (die Wahrsagerin, die kurz zuvor Amy noch vor ihrem kommenden Schicksal gewarnt hatte) ermordet. Als „das Monster“ und sein ebenso brutaler Vater die Anwesenheit der unliebsamen Zeugen bemerken, gibt es für das Gespann nur ein Ziel- die vier aus dem Weg zu schaffen. In den Räumen des Unterhaltungstempels beginnt ein gnadenloses Katz und Maus-Spiel…

Schnell vergeht einem hier die Lust, irgendwann nocheinmal auf eine Kirmes zu gehen, geschweige denn in eine Geisterbahn, und man will gar nicht wissen, was sich dort alles schon früher einmal hinter den Kulissen zugetragen haben könnte (Andeutungen darüber gibt es) oder in Zukunft noch zutragen kann. Es bedarf hier nur dieser einen Haupt-Location, vor allem deren Verwinkeltheit, der Unüberschaubarkeit, um immer wieder mit neuen, unangenehmen Überraschungen aufzuwarten. Die uns allen angeborene Angst vor dem Dunklen und Unbekannten befeuert noch die allseits bedrohliche Grundstimmung des Films- haben wir alle nicht schon mal solche oder ähnliche Alpträume gehabt? Das ist Gänsehaut pur, bis über den Film hinaus. Und immer wieder auf die Spitze getrieben, zum Beispiel, wenn „das Monster“, zunächst unter der Maske der Kreatur des Frankenstein verborgen, sein wahres und noch viel entsetzlicheres Gesicht zeigt (warum er so aussieht, wie er aussieht, wird nicht erklärt, man kann nun einmal nicht alles haben) ; oder wenn Amy (schon gefangen in der Todesfalle) ihre Eltern, die ihren ausgebüxten Bruder auf dem Rummelplatz einsammeln, zwar sehen, aber sie nicht auf sich aufmerksam machen kann.



Die jugendlichen (heute eher unbekannten) Hauptdarsteller agieren mehr als solide und tatsächlich über dem Niveau vergleichbar angelegter Charaktere in Filmen der Art, aber trotz ihrer auch zeitlich grossen Präsenz sind es neben Sylvia Miles (als herrlich-runtergekommene Zicke mit Mut zur Hässlichkeit) die, die ihnen im Film nach dem Leben trachten, die sich ganz nach vorne spielen: der diabolisch gute Kevin Conway (gleich noch in zwei weiteren, wenn auch kleinen Rollen zu sehen) und Wayne Doba, der es schafft, dem „Monster“ sogar in seiner (furchteinflössend grossartigen, vom späteren siebenfachen Oscar-Gewinner Rick Baker entworfenen) Maske Facetten zu verleihen- ohne aber Mitleid vom Zuschauer zu bekommen.

Positiv erwähnt sei hier noch der Soundtrack- die Mischung aus üblich-eingängiger und stimmungsvoller Rummelplatzbeschallung und dem orchestralen, zumeist düsteren
Score von John Beal (unter anderem auch verantwortlich für den so ganz gegensätzlichen Spasssound in der kultischen Fernsehserie „Happy Days“) ist schlichtweg genial.

Fazit:
Ein leider untergegangenes, aber rundum faszinierendes Sahnestückchen aus der Horror-/Slasherfilminvasion der frühen Achtziger, mit wirklich origineller Handlung und gar nicht mal allzu vielen heftigen Schocksequenzen (auch nicht in der ungeschnittenen Fassung). Aber man schleunigst ansehen (
oder auch wieder mal ansehen, es lohnt sich).


Darsteller:
Elizabeth Berridge (als Amy Harper) – Deutsch: Susanna Bonaséwicz
Cooper Huckabee (als Buzz) – Deutsch: Ulrich Matthes
Largo Woodruff (als Liz) – Deutsch: Ute Rohrbeck
Miles Chapin (als Richie) – Deutsch: Ronald Nitschke
Kevin Conway
* (u.A. als Conrad) – Deutsch: Michael Chevalier
Wayne Doba (als das Monster, sein Sohn**) – Deutsch: ?
Shawn Carson (als Joey, Amy's Bruder) – Deutsch: ?
Sylvia Miles (als Madame Zena, die Wahrsagerin) – Deutsch: Inken Sommer
Jeanne Austin (als Amy's Mutter) – Deutsch: Judy Winter
Jack McDermott (als Amy's Vater) – Deutsch: Gerd Holtenau
u.A.
* Insgesamt in drei Rollen: Ansager für die Freak Show; Ansager für die Strip Show; und als Conrad, der auch Ansager des Funhouse ist.
** Sein Name wird im Film nicht erwähnt, ist laut des Promomaterials aber „Gunther“.

Regie: Tobe Hooper
Drehbuch: Lawrence (
hier: Larry) Block*
Musik: John Beal
Kamera: Andrew Laszlo
Schnitt: Jack Hofstra
Produktionsdesign: Morton Rabinowitz
Art Direction: José Duarte
Szenenbild: Tom Coll
Make Up: Marlana May
Make Up-Effekte: Rick Baker, Craig Reardon
Spezialeffekte: J.B. Jones
Regiassistenz: Norman Cohen
Associate Producer: Brad Neufeld
Executive Producers: Mace Neufeld, Mark L.Lester
Produktion: Derek Power, Steven Bernhardt

* Das auf Grundlage von Larry Block’s Drehbuch von Dean Koontz verfasste, eigentlich als Roman zum Film geplante, Buch “Geisterbahn” (Originaltitel ebenfalls “The Funhouse”) verwendet letztlich nur Motive aus dem Film, und erzählt grösstenteils eine andere Geschichte.

In dem Video zu Billy Idol’s Song „Dancing With Myself“ (kurz nach dem Film entstanden) sind Originalaufbauten und -Requisiten aus dem Film wiederverwendet und teils neu zusammengestellt worden- das Video wurde ebenfalls von Tobe Hooper in Szene gesetzt.

Logikfehler:
Ein (eigentlich unverzeihlich-grober, aber wahrscheinlich auch absichtlicher) Filmfehler, der sich durch die gesamte Handlung zieht, soll hier nicht unterschlagen werden- obwohl es sich beim Funhouse um eine (im Film erkennbare und auch so erwähnte) mobile (auf- und abbaubare) Attraktion handelt, besitzt das Gebäude Kellerräume.

Spoiler:
Amy als letzter Überlebenden der vier Freunde gelingt die Flucht in den Maschinenraum des Funhouse, wo es zur finalen Auseinandersetzung mit dem Monster kommt. Sie stösst ihn in ein Elektrokabel, doch er überlebt den Stromschlag, wird dann aber in den Zahnrädern der Maschine totgequetscht.
Als Amy das Funhouse verlassen kann, ist es bereits wieder hell und die ersten Arbeiten auf dem Rummelplatz beginnen schon, als wenn des Nachts nichts passiert wäre. Ihr sieht man an, daß sie den Schrecken niemals vergessen wird, und so ist dieses
Ende nur wenig versöhnlich.
 
Bodycount:
- Madame Zena wird vom Monster erwürgt
- Richie wird vom Monster eine Schlinge um den Hals gelegt und daran hochgezogen; versehentlich (da er die Leiche im Dunkeln nicht als solche erkennt) schlägt Buzz dem
(wahrscheinlich) bereits Toten später eine Axt in den Kopf
- Liz wird vom Monster erstochen
- Conrad wird von Buzz in ein Dekoschwert gestossen und stirbt an den Verletzungen
- Buzz wird vom Monster erstochen
- Das Monster wird von Amy getötet
(siehe Spoiler)