Heutige VÖ auch in D zumeist als: BAY OF BLOOD
Italien, 1971 – 84 min. – bis heute in D indiziert/ohne FSK
Ursprünglicher Originaltitel: Ecologia del delitto (Auf deutsch: Ökologie der Kriminalität)
Bald darauf (inzwischen in Italien bekannter als): Reazione a catena (Auf deutsch: Kettenreaktion)
Drehzeit: 18.Januar-28.Februar 1971
Kinopremiere Italien- 8.September 1971; in D keine Kinoauswertung
Einziger
Schauplatz dieses Films ist eine idyllische und etwas abgelegene
Bucht, womit der seit einigen Jahren auch bei uns verwendete Titel
der englischsprachigen Vermarktung, „Bay Of Blood“ („Bucht des
Blutes“), Sinn macht. Nicht nur der deutsche Erstverleih hatte sich
hier mal wieder nicht mit Ruhm bekleckert, als er dem Film einst
seinen so schreierischen und zudem mehr als unzutreffenden Titel
„Im Blutrausch des Satans“ gab. Diverse spätere Umtitelungen
(das Phantasyfilmmagazin „Fangoria“ schrieb einst:
„Vielleicht bekannt unter mehr Titeln als jeder andere Film“)
taten ihr übriges, um für die ein und andere Verwirrung beim
Publikum zu sorgen. Weder Veröffentlichungen als „Blutrausch des
Teufels“ oder als „Twitch Of The Death Nerve“ kann man
durchgehen lassen (weil so etwas mindestens ärgerlich ist für
denjenigen, der den Film sucht), und auch (auch hierzulande) „Blood
Bath“ oder „The Last House On The Left 2“ (wobei Wes Craven’s
„erster“ Teil nicht nur erst später entstanden war, sondern auch
mit diesem Film hier nichts, aber auch rein gar nichts, zu tun hat)
sind eine Frechheit.
Niemand
kann sich seines Lebens mehr sicher sein in der Bucht, weder die
Mitglieder einer dort lebenden Familie, noch Besucher, noch
ungebetene Eindringlinge.
Und obwohl wir als Zuschauer immer relativ viel und auch fürs Genre ungewohnt früh wissen (so auch den „Haupt“-Mörder bereits zur Filmhälfte kennen), wird dann doch immer wieder der ein und andere Haken geschlagen und getwistet, daß es eine augenzwinkernde, nicht an schlimmen (aber stilvollen) Szenen und mörderischen (herausragend getricksten und maskierten, gerne aus nächster Nähe gezeigten, und doch niemals selbstzweckhaften oder übertriebenen) Einzelheiten sparende Freude ist. Ein (gewaltig-gewalttätiger) Skandal zu seiner Zeit, und auch heute nichts für das zarte Gemüt.
Schon die Auftaktszenen (neun Minuten ohne Dialog, und dennoch fesselnd) in der wunderbar gotisch-gruseligen Villa der Familie Donati haben es in sich, Bava fackelt nun mal nicht gerne lange, legt direkt los, und zeigt uns seine Klasse. Da meuchelt mal eben der Ehemann seine gebrechliche, an den Rollstuhl gefesselte Frau, nur um direkt darauf selber Opfer eines noch unbekannten Angreifers zu werden, was jedoch erst der Beginn ist zu einem Reigen anfangs scheinbar unzusammenhängender Morde (man darf und muss durchaus das Wort „originelle“ in diesem Zusammenhang verwenden, denn kaum eine Tat ist wie die andere). Dann folgt erst einmal eine gute halbe Stunde, in der vier (ziemlich unverschämten, weil gerne in anderer Leute Häuser eindringenden) Ausflügler der brutale Garaus gemacht wird.
Und obwohl wir als Zuschauer immer relativ viel und auch fürs Genre ungewohnt früh wissen (so auch den „Haupt“-Mörder bereits zur Filmhälfte kennen), wird dann doch immer wieder der ein und andere Haken geschlagen und getwistet, daß es eine augenzwinkernde, nicht an schlimmen (aber stilvollen) Szenen und mörderischen (herausragend getricksten und maskierten, gerne aus nächster Nähe gezeigten, und doch niemals selbstzweckhaften oder übertriebenen) Einzelheiten sparende Freude ist. Ein (gewaltig-gewalttätiger) Skandal zu seiner Zeit, und auch heute nichts für das zarte Gemüt.
Schon die Auftaktszenen (neun Minuten ohne Dialog, und dennoch fesselnd) in der wunderbar gotisch-gruseligen Villa der Familie Donati haben es in sich, Bava fackelt nun mal nicht gerne lange, legt direkt los, und zeigt uns seine Klasse. Da meuchelt mal eben der Ehemann seine gebrechliche, an den Rollstuhl gefesselte Frau, nur um direkt darauf selber Opfer eines noch unbekannten Angreifers zu werden, was jedoch erst der Beginn ist zu einem Reigen anfangs scheinbar unzusammenhängender Morde (man darf und muss durchaus das Wort „originelle“ in diesem Zusammenhang verwenden, denn kaum eine Tat ist wie die andere). Dann folgt erst einmal eine gute halbe Stunde, in der vier (ziemlich unverschämten, weil gerne in anderer Leute Häuser eindringenden) Ausflügler der brutale Garaus gemacht wird.
Die
ineinander verschachtelte und schnelle Erzählweise ist aufgrund
ihrer Komplexität und der vielen Vorgänge (auch der blutigen und
einer vor allem für damalige Verhältnisse hohen Opferzahl) nicht
stets ganz einfach nachvollziehbar, Bava verlangt vom Zuschauer volle
Konzentration, vor allem in der zweiten Hälfte des Films. Aufpassen
ist angesagt, mal eben so konsumieren die falsche Herangehensweise an
den Film. Doch fürs Aufpassen wird der Filmliebhaber belohnt, und
die verschiedenen Stränge der Handlung und auch die Charaktere finden zum Schluss zueinander
und ergeben Sinn. Trotz der vergleichsweise
vielen Namen (*mancher
davon allerdings ungenannt), die am Drehbuch beteiligt waren (was oft
kein gutes Zeichen ist), gelang hier anspruchsvolles Erzählkino mit
letztlich perfekt durchdachter und getimter Geschichte auf höchstem
Niveau (vergleichbar mit der heutigen Intensität und Vorgehensweise
in Tarantino’s Filmen, der ja auch nie einen Hehl aus seiner
Bewunderung für seinen Regisseurskollegen Mario Bava gemacht und sich gerne einiges bei ihm
abgeschaut hat). Auf der Basis einer an sich schon fesselnden (Art
von Erbschafts-)Kriminalgeschichte vermischen sich Thriller, Splatter
und beissender schwarzer Humor (zum Schluss noch auf eine
verstörend-bizarre Spitze getrieben) zum Giallo par excellence, der
genau weiss, wie man fast ständig des Zuschauers Atem stocken lassen
kann.
Wohl
nur wenige Filme können sich rühmen, daß so oft und so deutlich
Szenen daraus kopiert worden sind, wie das der „Blutrausch…“
kann- und das oft in Filmen, die selber zu (oft heutzutage
berühmteren) Klassikern des Genres wurden. Oder nennen wir es
netterweise „Hommage“, wenn der „legendäre“ Mord
mit Speer an Liebespaar im Bett
aus dem ersten „Freitag der 13.“ (1980) fast Einstellung für
Einstellung mit Bava’s Mordvariation übereinstimmt. Von der
exzellenten Kameraführung (die Bava, der hier unter anderem aus ein
paar Bäumen einen dichten Wald zauberte, wie so oft in seinen Filmen
selbst übernahm) und der (mehr als nur ähnlichen) Waldszenerie mal
ganz abgesehen. Auch die Fluchtszenen, Szenen aus dem Blickwinkel des
Täters und die (hier passend und angenehm) manchmal
hektisch-verwackelte Kameraführung wurden später Stilmittel des
Slashers.
Die
Schauspielleistungen sind überwiegend tadellos und gehören mit zum
Besten, was man (nicht nur) im Genre je geboten bekommen hat, selbst
nur kurz auftretende Charaktere (von denen es ja nun mal ein paar
gibt) können auffallen und bleiben nachhaltig in Erinnerung,
darunter besonders Isa Miranda, die es (eigentlich undankbarerweise)
als erste „trifft“, die aber später in Rückblenden nochmal
auftritt. Claudine Auger und Luigi Pistilli als skrupelloses Ehepaar
brillieren durch den Film, Chris Avram gibt einen
überzeugend-unsympathischen Immobilienhai, der auch in manchem Mord
mit drin hängt, gar als für den Beginn der Serie mitverantwortlich
bezeichnet werden kann. Nur die Charaktere von Laura Betti und
Leopoldo Trieste, und das obwohl auch sie gut agieren, sind hier
irgendwie fehl am Platze (soll heissen: überflüssig).
Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Film, vor allem aufgrund seiner viel folgendes vorwegnehmenden Splatter- und Gewaltszenen, damals mehr als nur umstritten war, und von den meisten Kritikern mindestens kontrovers, wenn nicht ablehnend aufgenommen wurde.
Doch trotz aller Explizität ist das hier kein 08/15-Horrorschocker, in dem fanatische Teufelsjünger Abschlachtamok laufen, sondern eine Urform des frühen und bis heute der Massstab des Slasherfilms (der auch schon die Vorliebe desselben für bestimmte Freundesgruppen als Opfer vorwegnimmt). Der Film ist ein grandioses und zudem filmhistorisch äusserst wichtiges Werk, und übrigens des Meisters Mario Bava persönlicher Favorit unter seinen eigenen Filmen. Er kann ohne Übertreibung als eines der Spitzenwerke des „erschreckenden“ Films bezeichnet werden.
Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Film, vor allem aufgrund seiner viel folgendes vorwegnehmenden Splatter- und Gewaltszenen, damals mehr als nur umstritten war, und von den meisten Kritikern mindestens kontrovers, wenn nicht ablehnend aufgenommen wurde.
Doch trotz aller Explizität ist das hier kein 08/15-Horrorschocker, in dem fanatische Teufelsjünger Abschlachtamok laufen, sondern eine Urform des frühen und bis heute der Massstab des Slasherfilms (der auch schon die Vorliebe desselben für bestimmte Freundesgruppen als Opfer vorwegnimmt). Der Film ist ein grandioses und zudem filmhistorisch äusserst wichtiges Werk, und übrigens des Meisters Mario Bava persönlicher Favorit unter seinen eigenen Filmen. Er kann ohne Übertreibung als eines der Spitzenwerke des „erschreckenden“ Films bezeichnet werden.
Fazit:
„Streng genommen“ ist der Film „einfach“ nur einer der besten und trotz seiner Heftigkeit ästhetischsten und atmosphärischsten Giallos aller Zeiten (ein Genre, das Bava quasi schon 1964 mit "Blutige Seide" begonnen hatte), weiter gefasst war er aber zweifellos auch der frühe Höhepunkt eines Subgenres namens Slasher, in dem eine solche Klasse jedoch nur sehr selten danach erreicht wurde.
Einen fetten Extrapunkt gibt es noch für die stimmige und melancholische Musik, die selten sparsam instrumentiert ist.
„Streng genommen“ ist der Film „einfach“ nur einer der besten und trotz seiner Heftigkeit ästhetischsten und atmosphärischsten Giallos aller Zeiten (ein Genre, das Bava quasi schon 1964 mit "Blutige Seide" begonnen hatte), weiter gefasst war er aber zweifellos auch der frühe Höhepunkt eines Subgenres namens Slasher, in dem eine solche Klasse jedoch nur sehr selten danach erreicht wurde.
Einen fetten Extrapunkt gibt es noch für die stimmige und melancholische Musik, die selten sparsam instrumentiert ist.
Darsteller:
Claudine Auger als Renata Donati – Deutsch: Anita Lochner
Luigi Pistilli als Alberto, ihr Mann – Deutsch: Wolfgang Völz
Laura Betti als Anna Fossati – Deutsch: Regina Lemnitz
Leopoldo Trieste als Paolo Fossati, ihr Mann – Deutsch: Friedrich G.Beckhaus
Anna Maria Rosati als Laura, Venturas Freundin – Deutsch: Traudel Haas
Isa Miranda als Federica Donati – Deutsch: ?
Chris Avram als Frank Ventura – Deutsch: Jürgen Kluckert
Claudio Volonté als Simon – Deutsch: ?
Roberto Bonanni als Bobby – Deutsch: ?
Brigitte Skay als Brunhilde – Deutsch: ?
u.A.
Als Kinder: Renato Cestiè, Nicoletta Elmi (beide ungenannt)
Claudine Auger als Renata Donati – Deutsch: Anita Lochner
Luigi Pistilli als Alberto, ihr Mann – Deutsch: Wolfgang Völz
Laura Betti als Anna Fossati – Deutsch: Regina Lemnitz
Leopoldo Trieste als Paolo Fossati, ihr Mann – Deutsch: Friedrich G.Beckhaus
Anna Maria Rosati als Laura, Venturas Freundin – Deutsch: Traudel Haas
Isa Miranda als Federica Donati – Deutsch: ?
Chris Avram als Frank Ventura – Deutsch: Jürgen Kluckert
Claudio Volonté als Simon – Deutsch: ?
Roberto Bonanni als Bobby – Deutsch: ?
Brigitte Skay als Brunhilde – Deutsch: ?
u.A.
Als Kinder: Renato Cestiè, Nicoletta Elmi (beide ungenannt)
Regie
und Kamera: Mario Bava
Drehbuch: Mario Bava, Giuseppe Zaccariello (hier: Joseph McLee), Filippo Ottoni, *Sergio Canevari, *Franco Barberi
Zusätzliche Dialoge: Gene Luotto
Story: Dardano Sacchetti, Franco Barberi
Musik: Stelvio Cipriani
Schnitt: Carlo Reali
Art Director: Sergio Canevari
Make Up: Franco Freda
Regieassistenz: Lamberto Bava*
Spezialeffekte: Carlo Rambaldi**
Drehbuch: Mario Bava, Giuseppe Zaccariello (hier: Joseph McLee), Filippo Ottoni, *Sergio Canevari, *Franco Barberi
Zusätzliche Dialoge: Gene Luotto
Story: Dardano Sacchetti, Franco Barberi
Musik: Stelvio Cipriani
Schnitt: Carlo Reali
Art Director: Sergio Canevari
Make Up: Franco Freda
Regieassistenz: Lamberto Bava*
Spezialeffekte: Carlo Rambaldi**
Produktionsleitung:
Ferdinando Franchi
Produktion: Giuseppe Zaccariello
Produktion: Giuseppe Zaccariello
* Lamberto
Bava (der Sohn von Mario Bava) wurde später selbst anerkannter
Genreregisseur („Macabro-Die Küsse der Jane Baxter“, 1980). In
den Neunzigern schrieb er mit den Kultserien „Prinzessin
Fantaghiró“ und „Prinzessin Alisea“ Phantasyfernsehgeschichte
und ist seitdem eher dem Medium Fernsehen verbunden.
** Carlo Rambaldi verschlug es später in die USA und er wurde mit seiner Entwicklung des Spielberg’schen „E.T.“ und seiner Mitarbeit an „Alien“ zweifacher Oscar-Preisträger.
** Carlo Rambaldi verschlug es später in die USA und er wurde mit seiner Entwicklung des Spielberg’schen „E.T.“ und seiner Mitarbeit an „Alien“ zweifacher Oscar-Preisträger.
Spoiler:
Daß
Simon, der uneheliche und irre Sohn der Federica Donati schliesslich
als Hauptmörder entlarvt wird (mehr dazu siehe Bodycount), ist
anhand eines grossartigen Finales fast (aber eben auch nur
fast)
zweitrangig. Nur das Ehepaar Renata und Alberto überleben (zunächst)
den bösen Todesreigen und freuen sich auf das alleinige Erbe... doch
ihre Kinder (Bild hierunter) erschiessen die Eltern dann mit einem Gewehr. Und da sie das nur für ein Spiel halten (und
glauben, ihre Eltern tun nur so, als wären sie tot) rennen sie am
Ende lachend zum Baden in die Bucht...Ende.
Bodycount
(wenn nicht anders angegeben, ist Simon der Mörder):
- Federica Donati wird von ihrem Ehemann Filippo (aufgehetzt von Ventura, der die Bucht gegen den Willen Federicas kaufen will, um dort ein Urlaubsressort zu errichten) mit einer Schlinge erdrosselt
- Filippo wird erstochen
- Brunhilde wird die Halsschlagader durchgeschnitten
- Brunhildes Freund bekommt eine Axt in sein Gesicht
- Bobby und seine Freundin werden im Bett von einem Speer durchbohrt
- Alberto erwürgt Paolo (so ganz wird allerdings zumindest mir nicht klar, warum)
- Anna wird von einer Axt geköpft
- Laura wird erwürgt
- Ventura wird erstochen
- Alberto tötet Simon mit dem Speer (weniger, um den Mörder auszuschalten, als vielmehr, weil nun Renata, die Tochter Filippos und Stieftochter Federicas, Alleinerbin der Bucht ist)
(wenn nicht anders angegeben, ist Simon der Mörder):
- Federica Donati wird von ihrem Ehemann Filippo (aufgehetzt von Ventura, der die Bucht gegen den Willen Federicas kaufen will, um dort ein Urlaubsressort zu errichten) mit einer Schlinge erdrosselt
- Filippo wird erstochen
- Brunhilde wird die Halsschlagader durchgeschnitten
- Brunhildes Freund bekommt eine Axt in sein Gesicht
- Bobby und seine Freundin werden im Bett von einem Speer durchbohrt
- Alberto erwürgt Paolo (so ganz wird allerdings zumindest mir nicht klar, warum)
- Anna wird von einer Axt geköpft
- Laura wird erwürgt
- Ventura wird erstochen
- Alberto tötet Simon mit dem Speer (weniger, um den Mörder auszuschalten, als vielmehr, weil nun Renata, die Tochter Filippos und Stieftochter Federicas, Alleinerbin der Bucht ist)