(89) Veröffentlichung: 24.März 2021

USA, 1976 – 116 min. – FSK 16
Originaltitel: Burnt Offerings

Drehzeit: August/September 1975
Drehorte: Im und um das Dunsmuir House in Oakland/Kalifornien (wo u.A. auch „Das Böse“ gedreht wurde);
und in San Francisco (Studioaufnahmen)
Kinopremieren: USA- 25.August 1976; D- 3.Juni 1977

Darsteller:
Oliver Reed als Ben Rolf – Deutsch: Thomas Braut
Karen Black als Marian, seine Frau – Deutsch: Rose-Marie Kirstein
Lee H.Montgomery als David, beider Sohn – Deutsch: Sabine Plessner
Bette Davis als Elizabeth, Ben's Tante – Deutsch: Alice Franz
Burgess Meredith als Arnold Allardyce – Deutsch: Leo Bardischewski
Eileen Heckart als Roz Allardyce, seine Schwester – Deutsch: Carola Höhn
Anthony James als Der Chauffeur – Keine Sprechrolle
Dub Taylor als Hausmeister Walker – Deutsch: ?
Jim Myers als Dr.Ross – Deutsch: Bruno W.Pantel
Todd Turquand als Kind Ben (in den Traumsequenzen) – Keine Sprechrolle
Joseph Riley als Ben's Vater (in den Traumnsequenzen) – Keine Sprechrolle
u.A.

Das Ehepaar Ben und Marian Rolf samt Sohn David und Ben's Tante Elizabeth mieten sich für die Sommerferien die Villa der Allerdyces. Der Spottpreis von 900 Dollar für die gesamten Ferien hat nur einen Haken- sie müssen sich um die Mutter der während dieser Zeit abwesenden, exzentrischen Geschwister Allerdyce kümmern, die im obersten Stock des Hauses wohnt und die ihre Wohnung nie verlässt.
Der Urlaub beginnt harmonisch, und gerne bringen die Rolf's das Haus in Schuss, und Marian stellt der alten Dame, die jedoch nie zu sehen ist, pünktlich ihre Mahlzeiten vor die Schlafzimmerür. Unzählige Fotos von Personen aus verschiedenen Epochen
(Kleines Foto oben Links) auf einem Tisch und eine alte Spieluhr (deren Melodie Marian sofort fasziniert) sind alles, was auf die Existenz der quasi unsichtbaren Dame in der Mansardenwohnung hindeutet.
Bald schon ereignet sich viel merkwürdiges und mit der Familie gehen Veränderungen vor:
Ben verhält sich zeitweise äusserst aggressiv gegen seinen Sohn (ertränkt ihn fast im Pool,
kleines Foto oben Rechts), auch hat er Alpträume von der Beerdigung seiner Mutter, die er als Kind miterleben musste und ihm erscheint auch in Tagträumen ständig ein grinsender Chauffeur, meist mit Sonnenbrille; Marian entfremdet sich zusehends von ihrer Familie, kleidet sich wie aus einer vergangenen Zeit und scheint mehr und mehr quasi besessen von dem Haus; und die vorher vitale Tante Elizabeth wird mit jedem Tag kraftloser. Auch scheinen sich Teile des Hauses von selbst zu regenerieren, so erblühen die bis dato verwelkten Pflanzen im Wintergarten ohne Zutun der Familie wieder.
Doch es wird noch dramatischer: ein leckgegangener Gasofen tötet fast David, und Tante Elizabeth stirbt unter körperlichen Qualen (alle Versuche Ben's, einen Arzt anzurufen, scheitern, weil die Leitung besetzt ist). In ihren letzten Sekunden sieht auch Elizabeth, genau wie Ben, den Chauffeur, der mit Sarg im Zimmer steht
(Kleine Fotos Unten)...
(Woran Elizabeth stirbt, wird im Film nicht ganz deutlich, erst scheint sie sich das Becken gebrochen zu haben, dann noch einen Herzanfall oder ähnliches zu erleiden)

Schon der Beginn des Films, die Vorstellung der Protagonisten, macht deutlich, daß ihnen unheimliches bevorstehen wird und muss, denn, eher ungewohnt für das Genre, ist bereits jetzt die Musik (die im weiteren Filmverlauf angenehm zurückhaltend eingesetzt wird) düster und passt nicht zu den ersten, fröhlichen Bildern der Familie Rolf. Daß sie trotz des, gelinde gesagt, seltsamen Verhaltens der Vermieter und der doch etwas obskuren Umstände ihre Bedenken gegen einen Aufenthalt in der Villa über Bord werfen, erscheint dem Zuschauer (dank geschickter Inszenierung) instinktiv sofort als Fehler, doch warum genau, weiss man noch nicht zu spezifizieren. Von jetzt an ist die Familie jedenfalls für sich, auf sich allein gestellt (die einzigen weiteren Darsteller sind nun die in Ben's Träumen, selbst die alte „Mutter“ ist immer nur indirekt beteiligt) und sie müssen sehen, wie sie mit dem umgehen, was geschehen wird- daß früh (vom Regisseur gewollt) deutlich wird, daß sie dies nicht unbedingt alles als (anfangs scheinbar intakte) Gemeinschaft schaffen (können, teils dann auch nicht wollen) wird zusätzliche Probleme (und interessante Geschehnisse) mit sich bringen.

Eine Weile passiert nun erst einmal ausser kleinen, beiläufig eingestreuten (und aus solcherlei Filmen zwar gewohnten, aber hier gelungen gesetzten) Gruselgags am Rande nichts wirklich aufregendes, und doch steigt die Spannung stetig. Fast wird man als Zuschauer schon unruhig ob des Wartens, doch dann- ist es nicht mehr nur die dauernde, fantastische Gruselatmosphäre des Films, die uns (trotz der tatsächlich bescheidenen, klein gehaltenen Innenkulissen im Kontrast zu dem grossen Haus) fesselt, sondern auch die vielschichtige Handlung, die geradezu einem Dauerhöhepunkt gleich kommt. Alles ist aus einem Guss, sehr anspruchsvoll und zugleich unterhaltend, schlichtweg ein dramaturgisches Meisterstück, in dem sich (jedoch nicht unbedingt sofort) jedes Teilchen zum anderen fügt und zum (komplexen) Ganzen wird.

Die Macher des (geradezu im wahrsten Sinne des Wortes übersinnlichen) Films beweisen (vom Kommerz natürlich nicht hinreichend gewürdigten, doch mehrfach preisgekrönten
*) Mut und schaffen das seltene Kunststück, nicht alle Vorgänge wirklich (und schon gar nicht rational) zu erklären und auch nicht erklären zu müssen, und dennoch bei einer inneren und starken Logik rund um ein Haus mit Eigenleben zu bleiben- Dinge bleiben hier eben gerne unserer Phantasie und unserer individuellen Interpretation und Zusammensetzung einzelner Vorgänge vorbehalten. Manch Kritiker bemängelte zwar, man würde oft nicht schlau aus (mindestens manchem Teil) der Handlung (wie vor allem die Wandlungen der Elterncharaktere oder dem Auftauchen des furchteinflössenden Chauffeurs), und sicher bedarf es des konzentrierten Zusehens, um ihm zu folgen, doch genau das will der Film auch erreichen. Es ist nicht wirklich ein „einfacher“ Film, aber genau das zeichnet ihn aus.

Oliver Reed (obwohl wie oft von seiner fast lebenslangen Alkoholsucht gezeichnet) und Karen Black sind die Idealbesetzung für das Ehepaar Rolf. Er kann fürsorglich und aggressiv, stark und schwach, und alles gleich glaubwürdig, und sie verkörpert ihre Entwicklung von der Vorzeigemama zur besessenen Furie (und zurück, nur um dann... siehe Spoiler) vorzüglich. Mit- und gegeneinander brillieren und begeistern sie und machen auch dadurch den Film zum Erlebnis. Bette Davis bekommt wenig Gelegenheit, mitzuhalten, doch ausgerechnet ihre minutenlange Sterbeszene ist eine der Erinnerungswürdigsten überhaupt (nicht nur in diesem Film). Der junge Montgomery ist ein ordentlicher Kinderdarsteller, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Meredith und Heckart als Geschwisterpaar (er vielleicht ohne echten Grund etwas zu tuntig dargestellt) sind nur kurz zu sehen, aber beeindrucken in ihrer (wie man feststellen wird nur vorgespielten) Harmlosig- und Freundlichkeit. Ein besonderer Hingucker ist (trotz seines  Schweigens) Anthony James als der unheimliche Chauffeur- die Mimik machts, selbst, wenn man seine Augen zumeist nur erahnen kann.

Fazit:
Absolute Empfehlung!
Eine der besten modernen Horrorhausgeschichten, mit eindrucksvollen Gänsehautmomenten und herausragenden Darstellern.


Stab:
Regie und Produktion: Dan Curtis
Drehbuch: William F.Nolan, Dan Curtis
Nach dem gleichnamigen Roman von Robert Marasco (1973)
Kamera: Jacques R.Marquette (Assistenz: Brad May)
Fotografien: Stevan Larner
Musik: Robert Cobert
Schnitt: Dennis Virkler (Assistenz: Bud Klotchman)
Ton: David Ronne
Produktionsdesign: Eugene Lourié
Szenenbild: Solomon Brewer
Spezialeffekte: Clifford Wenger
Make Up: Al Fleming
Kostüme: Ann Roth
Regieassistenz: Howard Grace
Associate Producer: Robert Singer

Spoiler:
Abends bemerkt Ben, wie sich während eines Unwetters das Haus tatsächlich selbst instandsetzt- unter den abspringenden Dachziegeln und Wandverkleidungen tauchen direkt neue und unverschmutzte auf. Er hat endgültig genug und will nun nur noch mit David vom Haus weg, auch ohne Marian, die ihm schon vorher klar gemacht hat, daß sie bleiben will. Doch die panische Flucht mit dem Auto scheitert an einem umgestürzten Baum und Ben verletzt sich bei dem Aufprall. Der (plötzlich doch von Marian erreichte) Arzt gibt ihm starke Beruhigungsmittel.
Am nächsten Tag schwimmt David im Pool. Das Wasser schlägt plötzlich Wellen und er droht, zu ertrinken. Sein von den Medikamenten noch apathischer Vater kann ihm nicht helfen, und Marian wird lange im Haus aufgehalten, da alle Fenster und Türen des Hauses unerklärlicherweise verschlossen sind. Erst in letzter Sekunde kann sie ihren Sohn retten, und jetzt endlich will auch sie das Haus umgehend verlassen.
Marian hat jedoch ein schlechtes Gewissen ob des Aufbruchs, will noch einmal kurz nach der alten Dame sehen und betritt das Haus, um sich von ihr zu verabschieden. Nach einigen Minuten wird Ben unruhig und folgt ihr. Er betritt das Schlafzimmer von Mrs.Allerdyce, doch die grauhaarige Frau, die mit dem Rücken zu ihm in einem Rollstuhl sitzt, antwortet ihm auch auf mehrere Nachfragen nach Marian's Verbleib nicht. Ben dreht den Rollstuhl zu sich- und erstarrt. In ihm sitzt Marian, um viele Jahre gealtert, starrt ihn böse an und sagt „Ich habe auf Dich gewartet!“ (Siehe grosses Foto hierunter).

Der Zuschauer sieht nun von draussen (ohne also zu wissen, wie folgendes passierte), wie Ben durch das Fenster des Zimmers auf die Kofferraumhaube seines Autos fliegt (tatsächlich sieht es nicht so aus, als ob er einfach nur stürzt) und stirbt (Foto unten Links). David verlässt in Panik das Auto, rennt davon, und wird vom auf ihn stürzenden Schornstein des Hauses erschlagen.
Die letzte Szene zeigt die Fotos von Ben, David und Elizabeth, die nun bei den anderen Portraitfotos auf dem Tisch in der Mansardenwohnung stehen (
Foto unten Rechts). Dazu hört man die Stimmen der Geschwister Allerdyce, die sich darüber freuen, daß das Haus wieder schön aussieht und Mutter „zurückgekehrt“ ist.
Ende.

Bodycount:
- Tante Elizabeth, Ben und David (siehe Inhalt und Spoiler)

* Der Film gewann den Saturn Award der Academy of Science Fiction, Fantasy & Horror Films 1977 in den Kategorien Bester Horrorfilm, Beste Regie und Beste Nebendarstellerin (Bette Davis).
Beim „Festival Internacional de Cinema Fantàstic“ in Sitges/Katalonien, Spanien, das als bedeutendstes Genregebundenes Festival der Welt gilt, gewann der Film 1977 den Preis für die beste Regie, Burgess Meredith den für den besten Darsteller und Karen Black den für die beste Darstellerin.