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GB/USA*,
1970 – 91 min. – FSK 16
Originaltitel:
The Vampire Lovers
Drehzeit: 19.Januar-4,März
1970
Produktionskosten: 165.000 Britische Pfund (Nicht
Inflationsbereinigt)
Kinopremieren: GB- 4.Oktober 1970; D- 24.Mai
1973
*
Einzige
Co-Produktion der Hammer
mit American International Pictures- die Amerikaner verfügten jedoch
über kein Mitspracherecht bei der Filmherstellung und fungierten
lediglich als Geldgeber.
Ingrid Pitt als Carmilla/Marcilla (tatsächlich aber: Mircalla von Karnstein)
– Deutsch: Barbara Ratthey
George Cole als Roger Morton – Deutsch: Martin Hirthe
Kate O'Mara als Mademoiselle Perrodot, Gouvernante im Hause Morton
– Deutsch: Inken Sommer
Peter Cushing als General von Spielsdorf – Deutsch: Friedrich Schoenfelder
Ferdy Mayne als Der Doktor – Deutsch: Heinz Petruo
Douglas Wilmer als Baron Joachim von Hartog – Deutsch: Michael Chevalier
Madeline Smith als Emma, Morton's Tochter – Deutsch: Rita Engelmann
Dawn Addams als Die Gräfin – Deutsch: Eva-Katharina Schultz
Jon Finch als Carl Ebhardt – Deutsch: Thomas Danneberg
Pippa Steel als Laura, Tochter des Generals – Deutsch: Dagmar Biener
Kirsten Lindholm (hier als: Kirsten Betts) als Erste Vampirin (Im Prolog) – Keine Sprechrolle
John Forbes-Robertson als Der Mann (Vampir) in Schwarz – Keine Sprechrolle
Shelagh Wilcocks als Gouvernante im Haus des Generals – Deutsch: ?
Harvey Hall als Renton, Morton's Butler – Deutsch: Edgar Ott
Janet Key als Hausmädchen bei Morton – Deutsch: Marianne Lutz
Charles Farrell als Wirt – Deutsch: ?
u.A.
Ein
recht langer Prolog (und gleichzeitig Monolog des Baron Hartog, der
im Jahr 1794 von seiner Rache an der Vampirsippe der Karnsteins
erzählt, die zuvor seine Schwester töteten), von
dem wir erst später erfahren, daß er schon einige Jahre zurückliegt
und einige mehr Vampire das Leben kostete, als uns zunächst gezeigt
wird (siehe Bodycount),
eröffnet den Film. Zwar ist dieser Auftakt nur dezent gruselig (mit
der Ausnahme einer selbst für Hammer heftigen Köpfungsszene als Höhepunkt),
aber doch interessant (und wichtig) für den Fortgang des Films.
Wenn
danach die Haupthandlung beginnt, wissen wir Zuschauer bereits
einiges, was wir den Protagonisten voraus haben- wir wissen, wer die
Böse (eine, wie Hartog es beschreibt „Mörderin von Jenseits des
Grabes”) ist und worum es ihr wirklich geht. Wir sehen das Unheil
von Beginn an kommen, mit ihrem ersten Auftritt. Kein Film zum
Rätseln also, sondern einer, der das Grauen zelebriert und dank
seiner stimmungsvoll-düsteren Atmosphäre (im guten Sinne)
schauderlich unterhält, und das, obwohl einiges vorhersehbar sein
mag.
In der Steiermark, Anfang des 19.Jahrhunderts.
Die junge Marcilla wird von General von Spielsdorf bei sich aufgenommen, da ihre Mutter („Die Gräfin”, von der wir im ganzen Film nicht mehr als diesen Titel erfahren werden, nicht einmal, in welcher Verbindung sie wirklich zur Bösen steht) angeblich auf eine längere Reise gehen muss. Ohne es zu ahnen, holt sich der General damit das Grauen (eine aus dem Geschlecht derer von Karnstein) für seine Tochter ins Haus- denn schnell gerät Laura in den Bann der Vampirin, die nicht nur auf das Blut junger Mädchen, sondern auch auf deren Körper steht. Lauras schreckliche Alpträume (danach ihre wahrlich grossartigen Schreiexzesse) und ihr körperlicher Verfall als Warnungen helfen ihr jedoch nicht- das Mädchen ist eines Morgens tot, und nur zwei Bissmale an ihrem Hals verraten die Wahrheit. Da ist Marcilla jedoch längst von dannen, ihr Blut- und Mädchendurst aber noch lange nicht gestillt.
Als Carmilla findet sie eine neue Obhut bei den Morton's, wo sie ihr teuflisches Spiel mit der jungen Emma von vorne beginnt. Nun ist auch die Umgebung nicht vor ihr sicher, doch wird auch endlich rechtzetig Verdacht geschöpft.
Carl Ebhardt, ein Verehrer Emma's, hatte vom Schicksal der Laura gehört und Morton's aufmerksamer Butler ruft den Doktor zur Hilfe, der auch Laura's Doktor war. Die Paralellen fallen auf, und betroffene Väter und furchtlose Helfer tun sich zusammen, um dem Bösen die Stirn zu bieten. Auch Baron Hartog beteiligt sich wieder am Kampf gegen die Vampirin- wird er diesmal, mit Hilfe, die Karnstein-Sippe endgültig vernichten können?
Zu seiner Zeit ging Hammer mit dem Film neue, durchaus mutige Wege, um dem Vampirfilm frischen Wind zu verpassen. Ohnehin der Zensur schon seit den 1950er Jahren ein Dorn im Auge durch das, was man damals als „explizite” Gewaltdarstellungen empfand, wagte man es erstmals, offen(e) Sexualität (dazu noch zwischen Frauen, und Nacktszenen) in einen Film hineinzunehmen (Anspielungen gab es durchaus derer schon zuvor viele). Die Homosexualität der Vampirin ist offensichtlich, zwischenfrauliche Erotik kein Geheimnis und wird nicht versteckt.
Schon im Vorfeld der Produktion gab es Warnungen durch die Zensurbehörde, die Hammer mit dem Hinweis auf die literarische Vorlage des Films jedoch tatsächlich relativieren konnte. Man umging damit schliesslich sogar Schnittauflagen, die es bei vorhergehenden (nicht adaptierten) Filmen zum Thema Homosexualität in Großbritannien noch gegeben hatte, und der Film gelangte so gut wie unbeanstandet in die Kinos. Für manche Teile der Presse ein Skandal, für andere (die zudem das Skript des Films besonders hervorhoben und lobten) ein Gewinn der Kunstfreiheit.
Letztlich ist jedoch das, was damals „skandalös” gewesen sein mag, aus heutiger Sicht kaum der Rede wert. Meistens sinnlich (und nie schwülstig) wird körperlicher Kontakt nunmal ab und zu (jugendfrei) gezeigt, und nackte Po's und Brüste sind eher dann doch seltene Zugaben zu einem feinen, Hammer-typischen Gothichorrorerzeugnis, als daß sie den Film ausmachen oder gar bestimmen. Alles in allem ist es immer noch ein Vampirfilm, halt weniger prüde als mancher zuvor- man sieht den Biss ins Dekolleté nun in voller Pracht (auch des Dekolletés) und nicht schamhaft verdeckt vom Kopf des Vampirs.
Neben der Freizügigkeit hat Regisseur Baker (1958 mit „Die letzte Nacht der Titanic” lieferte er quasi die Blaupause für James Cameron's viel späteren Megaseller, nur, daß Baker die unselige Liebessülze wegliess) auch bei den Gewaltszenen noch eine Schippe draufgelegt. Natürlich noch entfernt von dem, was bald danach der Splatter sein sollte, zeigt er doch ordentlich Blut und die Köpfungen der Vampire sind selbst für damalige Verhältnisse deutlich gezeigt. In die Kamera gehaltene abgeschlagene Köpfe (auch, wenn der Realismus der Wachsnachbildungen noch etwas zu wünschen übrig liess) waren eben noch keine Selbstverständlichkeit. Der Beginn des Falls letzter Tabus im Horrorfilm war nun auch im Gruselmutterland eingeläutet, und dies eingebettet in die fehlerfreie Inszenierung einer echten Geschichte- kein Selbstzweckhorror, sondern einfach integrierter Teil des Gesamtwerks und die logische Weiterentwicklung des Genres und des inzwischen (auch tricktechnisch) möglichen.
Aus der hochkarätigen, und ohne Ausfall insgesamt bestechend spielenden Besetzung ist die durch nur wenige Genrerollen dennoch zum Kultstar avancierte Ingrid Pitt hervorzuheben. In einer der besten (wenn nicht sogar der besten) Performances ihrer Karriere (im Original noch gekrönt durch ihren osteuropäischen Akzent) sind ihre Rolle und damit sie der absolute Mittelpunkt der Handlung. Pitt beherrscht den Film wie der Charakter ihre Opfer. Ihre Vampirin ist ohne Skrupel, sie manipuliert und ist besitzergreifend, nimmt sich und bekommt, was sie will. Selbst, wenn kurz durchscheint, daß vielleicht auch sie die wahre Liebe sucht und ihre Triebe eben doch grösser sind als diese Sehnsucht, ist sie nicht bemitleidenswert. Sie verkörpert das ultimativ böse, den wahr gewordenen Schrecken (was aber nichts daran ändert, daß sie ungemein sexy ist). Da die von ihr Gebissenen sterben und nicht, wie in anderen Filmen, selbst zu Vampirinnen werden (weitere Besonderheiten sind, daß sie Sonnenlicht ertragen kann und ein Spiegelbild hat), ist sie die Herrin über Leben und Tod- nachdem sie ihren Spass mit den Mädchen hatte. Die Femme Fatale.des modernen Horrorfilms sozusagen.
Peter Cushing ist auch hier überzeugend zwischen gutmütigem Herrn und entschlossenem Vampirjäger, leider aber ist seine Rolle recht klein. Nur am Anfang der Haupthandlung und schliesslich im Finale taucht er auf; Jon Finch lässt in seiner ersten Kinorolle (Nur zwei Jahre bevor er ernsthaft als neuer James Bond im Gespräch war, die Rolle aber ablehnte, die dann an Roger Moore ging) schon sein vielfältiges Talent erkennen; und Kate O'Mara beeindruckt als der Vampirin verfallene, eigentlich gute Seele, deren Tod, auch ohne Effekte, der wohl schockierendste im gesamten Film ist.
Den schon in ihren frühen Jahren selbst gesetzten hohen Level für die Visualität kann Hammer hier locker halten. Die Kamera schwebt förmlich durch das beeindruckend gestaltete Setting zwischen Luxusheimen, dörflicher Einfachheit und den obligatorischen Nebelverhangenen Gruselgegenden. Das verströmt nicht eine Sekunde Studiofeeling, das wirkt real. Auch Kostüme und Ausstattung sind bis ins letzte durchdacht und gearbeitet, und lassen die Zeit der Handlung wiederauferstehen.
Die Musik ist für Horrorverhältnisse relativ zurückhaltend, was jedoch in Ordnung geht.
Fazit:
Was
damals ein Skandal war, amüsiert heute eher ob der Naivität und
Harmlosigkeit der „Sex“-Szenen. Da kann man fast sogar über die
FSK 16 nachdenken, nicht
aber
was insbesondere die Vampirköpfungsszenen betrifft.
Der Film ist ein
unterhaltsamer, intensiver und in der zweiten Hälfte noch
aufdrehender Vampirfilm, nicht Hammer's
bester, aber ein guter und sehenswerter.
Stab;
Regie:
Roy Ward Baker
Drehbuch: Tudor Gates
Nach der Geschichte
„Carmilla” von J.(Joseph) Sheridan Le Fanu (1872)
Geschichte
adaptiert von Harry Fine, Tudor Gates, Micharl Style
Kamera: Moray
Grant
Musik: Harry Robinson
Schnitt: James Needs (Assistenz:
Stephen Hyde)
Ton: Claude Hitchcock
Art Direction: Scott
MacGregor
Bauten: Bill Greene
Hintergrundmalereien: Michael
Finlay
Kostüme: Brian Cox
Make Up: Tom Smith
Regieassistenz:
Derek Whitehurst
Produktionsleitung: Tom Sachs
Associate
Producer: Louis M.Heyward
Produktion: Harry Fine, Michael
Style
Die
Hammer-Produktionen
„Nur Vampire küssen blutig” und „Draculas Hexenjagd” (beide
1971) haben ebenfalls das Schloss und die Familie Karnstein in der
Steiermark als Handlungsgrundlagen- von einer echten
Trilogie
kann jedoch nicht gesprochen werden, da die Handlungen nicht
aufeinander aufbauen und auch nicht direkt fortgesetzt werden. Alle
drei Filme berufen sich jedoch auf die literarische Vorlage La
Fanu's.
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