(62) Veröffentlichung: 13.April 2020

Auch: 12:01 Uhr
USA, 1993 (Fernsehproduktion, Erstausstrahlung am 5.Juli 1993/Fox Network)
90 min. – FSK 12 – Originaltitel: 12:01
In Deutschland als Kinoerstaufführung ab dem 16.Dezember 1993

Eines Nachts erhält der bei einem Hightechkonzern beschäftigte Barry Thomas um genau eine Minute nach Mitternacht einen Blitzschlag (während, wie bald klar wird, zur gleichen Zeit der Wissenschaftler Dr.Moxley, der auch für Barry's Firma arbeitet, eine Zeitschleife auslöst, als er mittels einer Maschine eine neue, enorme Energiequelle schaffen will). Fortan muss Barry, als einziger und darum wissend, ein und den selben Tag immer wieder von vorne erleben (was er im Film schnell kapiert), und bekommt sowohl die Chance, das Experiment zu verhindern, als auch seiner heimlichen Liebe und Kollegin Lisa (die als Mitarbeiterin von Moxley unmittelbar mit dem Experiment zu tun hat) das Leben zu retten, denn sie fiel (fällt) an diesem Tag einem Mordanschlag zum Opfer. Genug Zeit, sich einen Plan auszudenken, und diesen erfolgreich in die Tat umzusetzen, hat er ja- immer wieder aufs neue. Doch erhält er auch jeden Tag neue Informationen, und Dinge sind dann doch anders, als vorher gedacht, so daß das alles gar nicht so einfach ist- vor allem, weil er (und auch das immer wieder) andere, und zwar die Richtigen, von den Vorfällen überzeugen muss...


Wer kennt ihn nicht, den uns jedes Jahr im Fernsehen spätestens um den Jahreswechsel nervenden „…und täglich grüsst das Murmeltier“ mit dem so völlig überschätzten und unerträglich chargierendem Bill Murray und der zwar entzückenden, aber dort auch nur herumeiernden Andi McDowell?! Eine im Prinzip ziemlich originelle Grundidee, verwurschtelt zu einem 08/15-Schnulzenkram… und die Idee ist nicht einmal von den Machern. Der „Murmeltier“-Film verschweigt nämlich den Bezug zu der Kurzgeschichte „12:01 PM“ von 1973, der, wenn auch umgemodelt und -gekitscht, mehr als nur deutlich vorhanden ist. Originalautor Lupoff verklagte die Macher, brach den Rechtsstreit jedoch ernüchtert ob der Macht der ihm gegenüberstehenden Hollywoodmogule und der für ihn ausufernden Kosten ab. Recht haben heisst halt noch lange nicht, auch Recht zu bekommen.
Bei
diesem Film hier jedoch ist er nun endlich genannt, einem Film, der nicht nur der Grundidee sondern dazu auch manchem Motiv der Geschichte folgt, und der tatsächlich bei weitem das „Murmeltier“ in den Schatten stellt, und das, obwohl er „nur“ eine Fernsehproduktion ist- und bei weitem unerfolgreicher war. Das Leben ist halt ungerecht.

Schon 1990 hatte Jonathan Heap (diesmal Mit-Schreiber und -Produzent) den Stoff „offiziell“ als (grossartigen und empfehlenswerten) 25-minütigen Kurzfilm (unter dem Titel „12:01 PM“), mit Kurtwood Smith („Die wilden Siebziger“) in der Hauptrolle weitaus düsterer und mit einem dramatischeren Ende verfilmt und dafür eine Oscar-Nominierung für den „besten Kurzfilm“ erhalten. Für die Langversion liess er nun Jack Sholder (Klassiker: „The Hidden-Das unsagbar Böse“ von 1987) auf den Regiestuhl, der die Handlung zwar etwas „entschärfte“, aber auch gelungen streckte. Der Film ist ein leider zu Unrecht übersehener „Must-See“-Zeitschleifen-Knaller. 

Es macht Spass, dem zunächst etwas genügsamen Barry bei seiner Entwicklung zuzusehen. Er schaltet früh, findet sich mit der Situation ab, sucht nach allen Hintergründen und der Lösung. Nach und nach erkennt er, was wichtig ist und was er ändern muss und wem er trauen kann und wem nicht (und was er manchmal für sich behalten muss, weil man ihm nicht glauben würde oder er sich womöglich selbst verdächtig macht). Doch einfacher gesagt als getan. Nur Stück für Stück (Tag um Tag) kann er die richtigen Helfer erkennen, gilt da einer erst als Verräter, wird er dann doch zum Guten, und umgekehrt, doch, Zack, ist schon wieder ein „Tag“ vorbei. Also alles wieder von vorn. Doch Barry gibt nicht auf, lernt aus seinen Fehlern, und versucht es jedes Mal wieder aufs Neue, um Schritt für Schritt seinem Erfolg näher zu kommen, Rückschläge inklusive (Einmal sind Lisa und er schon ein Paar, als, Zack...- was ein Ärger). Keine Sorge, das klingt für den Zuschauer nur kompliziert, ist es aber gar nicht, weil nachvollziehbar und auf den Punkt dargestellt (Interessant übrigens: Viel wichtiges in der Handlung passiert quasi getaktet zu jeder Viertelstunde Film). Unlogik wird hier bei einer Sache letztlich zwar auch Thema, aber Schwamm drüber*.
Dem vor allem aus den „Immer Ärger mit Bernie“-Filmen bekannten Jonathan Silverman gelingt mühelos die Wandlung seines Charakters, und er schafft es, den Film, dessen absoluter Dreh- und Angelpunkt er nun einmal ist, auch allein zu tragen. Er schafft Sympathien, er schafft, daß wir mitfiebern.

Helen Slater (in den 1980er Jahren das erste Film-“Supergirl“) als seine Angebetete, die er zunächst mehrfach sterben sehen muss, bleibt blass, allerdings angesichts ihrer Rolle hat sie auch nicht viel Raum und nicht viel Möglichkeiten, groß aufzuspielen. Sie wird eher mitgerissen, und reagiert, sieht dabei jedoch immer gut aus, selbst im Sterben.
Martin Landau (hier nur zwei Jahre vor seinem „Oscar“ für den Part des Bela Lugosi in Tim Burton's „Ed Wood“) macht seine (kleine) Rolle ausserordentlich überzeugend, so sehr, daß man (auch Barry) sehr spät erst erkennt, was er im Schilde führt.
Die Nebenrollen sind überzeugend besetzt und funktionieren als Sidekicks hervorragend (auch in ihren „Wiederholungen“).



Der Film hat nicht unbedingt in allen Punkten Kinoniveau, ist schon sehr auf die „kleine Leinwand“ zugeschnitten. So verwundert es schon, daß man ihn hierzulande (leider mit mässigem Erfolg) tatsächlich dennoch in die Lichtspielhäuser brachte (wohl wegen des Erfolgs des „...Murmeltier“-Films, der im April 1993 in Deutschland in die Kinos kam). Als kleine und feine Fernsehproduktion allerdings spielt er seine Trümpfe aus und kann sich mehr als nur sehen lassen. Die Kamera zeigt zumeist ruhige Bilder, der Schnitt ist fast gemächlich, die (kaum nötigen; "Die Maschine" siehe links) Effekte ordentlich- alles in allem ist das im besten Sinne professionell gemacht. Die Musik allerdings ist ein unaufregendes nebenbei-08/15-TV-Gedudel und das Ende (die letzte Szene) kitschig.

Fazit:
Langsam und tiefgründig mit einem guten Schuss Humor, der auch mal schwärzelt. Kein Science-Fiction-Effektespektakel, aber ein Geheimtip für einen kurzweiligen und spannenden Abend vor der Glotze.

Darsteller:
Jonathan Silverman (als Barry Thomas) – Deutsch: Michael Nowka
Helen Slater (als Lisa Fredericks) – Deutsch: Claudia Lehmann
Martin Landau (als Dr.Thadeus Moxley) – Deutsch: Friedrich W.Bauschulte
Nicolas Surovy (als Robert Denk, Moxley's Assistent) – Deutsch: Helmut Gauß
Robin Bartlett (als Anne Jackson, Chefin von Barry) – Deutsch: Heike Schroetter
Jeremy Piven (als Howard Richter, Kollege von Barry) – Deutsch: Michael Walke
Glenn Morshower (als Polizeidetective Cryers) – Deutsch: Stefan Fredrich
Mark Christopher Lawrence (als Jack Spays, Kollege von Barry) – Deutsch: Frank-Otto Schenk
Paxton Whitehead (als Dr.Tiberius Scott) – Deutsch: Eric Vaessen
Danny Trejo (als Häftling) – Deutsch: ?
Frank Collison (als Weisser Killer) – Deutsch: ?
Eric Mansker (als Schwarzer Killer) – Deutsch: ?
u.A.

Stab:
Regie: Jack Sholder
Drehbuch: Philip Morton
TV-Story: Jonathan Heap
Nach der Kurzgeschichte „12:01 PM“ von Richard Lupoff (1973)
Kamera: Anghel Decca
Musik: Peter Melnick
Schnitt: Michael N.Knue
Produktionsdesign: Michael Novotny
Art Direction: Kristian D.Bast
Szenenbild: Anthony Stabley
Make Up: Dalia Saydah-Dokter, Anne P.Turk
Spezialeffekte: G.Bruno Stempel, David Domeyer
Kostüme: Cynthia Bergstrom
 
Regieassistenz: Jeffrey Wetzel
Produktion: Jonathan Heap, Robert John Degus, Cindy Hornickel
 

Spoiler:


Schliesslich kann nach einigen „Wiederholungstagen“ Barry als erstes Denk (der mitnichten, wie es vorher scheint, der Böse ist, sondern zur Polizei gehört) mit seinem Wissen der vorherigen (und kommenden) Geschehnisse überzeugen, dann auch (wieder mal) Lisa. Doch Moxley (der echte Böse in diesem Fall, da er um die Gefahren des Experiments weiß und es trotzdem durchführen will) erfährt von ihrem Plan, und kann das Experiment dennoch auslösen. Lisa und Barry gelingt es, ihn in den Strahl der Maschine zu stossen, Moxley „explodiert“ darin und die Maschine stoppt rechtzeitig. Daß die Polizei, die noch glaubt, die beiden hätten Verbotenes getan, die beiden verhaftet, interessiert sie nicht weiter- sie küssen sich und die Szene wird ausgeblendet. Ende. 

Bodycount:
Die einzigen „tatsächlichen, bleibenden“ Opfer (da am letzten „Wiederholungstag“ getötet) sind Moxley (siehe Spoiler) und Denk (der im Auftrag Moxley's von einem der beiden Killer erschossen wird- welcher dies tut, wird im Film nicht gezeigt, auch die Tat nicht, man hört nur den Schuss und erfährt später den Mord aus einer Fernsehsendung).
An verschiedenen „Wiederholungstagen" sterben Lisa (mehrfach durch die Killer und einmal von Moxley erschossen), Barry (von Moxley erschossen), Howard (vom Schwarzen Killer erschossen) und Denk (einmal von Moxley erschossen, einmal von den Killern- letzteres siehe oben)

* Logikfehler:
Erst am letzten „Wiederholungstag“ erfährt Moxley von der Gefahr durch Lisa und will sie töten lassen- warum also geschah dies schon an den „Tagen davor“- oder wer wollte dort (also quasi ursprünglich) Lisa töten lassen?