(46) Veröffentlicht: 20.September 2019

USA, 1993 – 85 min. – FSK 16
Originaltitel: Ticks (=dt.: Zecken)
Drehzeit: 18.Juni-16.Juli 1992
Weltpremiere (der endgültigen Fassung): 4.Juni 1993 (Dylan Dog Horror Fest, Mailand/Italien)
Kinopremiere USA: 25.Mai 1994
*
In D direkt auf Video veröffentlicht im Oktober 1993
* Unter dem Titel „Infested“ (=dt.: Befallen/Heimgesucht) wurde der Film bereits Anfang 1993 in amerikanischen Kinos zu Testzwecken vorgeführt. Warum genau der Titel geändert wurde, ist unbekannt, danach kam es auf jeden Fall zu einem Neuschnitt, dem auch insgesamt (bis heute nirgends veröffentlichte) vier Minuten Spielzeit zum Opfer fielen. Die neue Version startete dann tatsächlich erst im Mai 1994 in den USA, also erst nach der Veröffentlichung in Europa.

Auch Zecken fangen mal klein an...

Sie sind eher rar gesät, aber es gibt sie tatsächlich- die unerwarteten Schätzchen aus dem „Direct to Video“-Regal. Man kann sie leicht übersehen, und selbst, wenn man sie in den Händen hält, heisst das noch lange nichts- sei das Cover noch so ansprechend, der Klappentext noch so mitreissend und die Bilderchen auch noch so aufregend- alles schon dagewesen, oft genug wars dann doch eine Riesenenttäuschung. Aber ok, mal wieder, man lernt nicht aus, man gibt die Hoffnung nicht auf, also anchecken (eigentlich auch nur wegen Clint Howard, der in seiner Rollenauswahl selten so richtig danebengegriffen hat), ohne aber allzuviel zu erwarten. Die Chance ist jedes Mal klein, aber es gibt sie immerhin.
So ungefähr erging es mir mit „C2-Killerinsect“ (damals, als er es noch nicht zu einem kleinen Kultfilm geschafft hatte, hierzulande auch dank regelmässiger, allerdings trotz seiner Kürze noch arg beschnibbelter, Ausstrahlung im Privatfernsehprogramm, damals, als er noch ganz „frisch“ war), und bis heute bin ich froh, es in diesem Fall doch ausprobiert zu haben- denn der Film ist schlichtweg eine Granate, ein echtes Genrejuwel, bei dem aber mal so alles richtig gemacht wurde.
Zwar ist das Grundgerüst der Story nicht wirklich originell oder preisverdächtig (viele Versatzstücke wie die bunt zusammengewürfelte Gruppe Jugendlicher und den dunklen Wald als Schausplatz,
in den selbst nach einem weithin sichtbaren Brand niemand zu Hilfe eilt, kennt man zur Genüge aus dem Genre), doch das intelligent-stimmige Drehbuch ist mit vielen Extras und Gags am Rande gespickt und spielt unterhaltsam mit diesen Klischees, so daß es nie langweilig wird und der Film in furiosem Tempo und mit feinstem Spannungsbogen auf sein allem noch einmal die Krone (der schockierenden Schöpfung) aufsetzenden Finale zurast. 
Ganz im Sinne moderner „böse-Jugendliche-auf-den-rechten-Weg-bring-Pädagogik“ machen eine Gruppe schwer erziehbarer, aber ansonsten ziemlich ungleicher Jungs und Mädels aus Los Angeles mit den zwei Sozialarbeitern Charles und Holly eine Art Gruppentherapie tief im kalifornischen Wald- und zwar just dort, wo unter Zuhilfenahme enormer Mengen von Pflanzensteroiden Ganoven ihr Marihuana angebaut haben. Die Rückstände der Haschherstellung sorgen nicht für Freude, denn sie lassen die Zecken des Waldes um ein Vielfaches wachsen und sich vermehren. Dementsprechend gross ist auch deren Durst nach Blut (man nennt sie ja auch Vampire des Waldes), und natürlich werden nun sowohl der Stadttrupp als auch die Ganoven von den Viechern gnadenlos gejagt- und müssen sich teils wohl oder übel auch noch zusammenschliessen, um überhaupt eine Chance aufs Überleben zu haben…

Sieht trotz vieler Bäume bald schon Zecken!
Hat schon früh eine eklige Begegnung!

Sind Zecken (übrigens keine Insekten, sondern zur Familie der Spinnen gehörend) schon an sich eine Gefahr für jeden Spaziergänger im Grünen- aus hohem Bewuchs heraus springen sie Menschen (und auch dessen besten Freund, den Hund) an, bohren sich in die Haut, eine Flüssigkeit injizierend, die den Befallenen den heimtückischen Angriff zunächst nicht einmal spüren lässt, und saugen sich mit dem Blut ihres Opfers voll und hinterlassen gerne auch mal eine Hirnhautentzündung, die tödlich enden kann- so sind sie in diesem Film noch ekligere Biester. Nichts ist mehr mit Verstecken, der offene Angriff ist angesagt, und ihr Hunger gross. Glück hat da, wer „nur“ mit einem bissbedingten Halluzinationstrip davonkommt, denn Überleben wird hier zur Glückssache.
Eine lange Kamerafahrt (von denen es noch einige weitere, ebenso gelungene geben wird, davon manche auch aus der Sicht der Zecken) bei ruhiger Musik durch einen seltsamen Raum, der sich schliesslich als Drogenlabor entpuppt, stimmt uns ein, wir sehen etwas kleines, schleimiges... -Schnitt!-... und dann lernen wir erstmal Tyler kennen, der als Kind einmal im Wald verlorenging und daher grosse Angst vor diesen hat. Und nun muss ausgerechnet er in einen solchen (siehe Inhaltsbeschreibung), und daß unter anderen so ein Typ wie „Panic“, ein (wie sich herausstellt Möchtegern-)Superheld, mitkommt, machts nicht gerade einfacher für den sensiblen Tyler.
Nach einer Viertelstunde Film sieht der Zuschauer das erste Monsterviech in seiner ganzen Pracht, nach einer halben Stunde Film ist schon der ganze Wald von ihnen bevölkert, und tatsächlich „erst“ zur Hälfte des Films geht es dann richtig zur Sache- und hier ist das genau richtig so, ist perfektes Timing, denn die ganzen düsteren Vorandeutungen zuvor sind fesselnd inszeniert und treiben die Spannung bis zum äussersten.
Jetzt aber wird es umso ausschweifender und auch detailverliebt gruselig- ein Freudenfest für Trickfans beginnt. Die Kreaturen- und Make Up-Effekte (derer es viele und teils so sehr explizite sind, daß man sich fragt, wie der Film es zu einer „nur“ FSK 16 geschafft hat- da wurde von dieser Behörde schon viel harmloseres viel strenger beurteilt) sind von höchster hand-werklicher Perfektion und die Bestien durchweg überzeugend- und extrem widerlich und glibberig anzusehen (schon allein ihr flinkes Herumgewusel ist für empfindliche Zuschauer nur schwer zu ertragen). Ein grandioses Beispiel dafür, wie toll so was auch ohne Computerschnickschnack funktionieren und beeindruckend wirken kann, wenn nur echte Profis am Werk sind- allein die Sequenzen, in denen sich die Zecken unter die Haut ihrer Opfer bohren beziehungsweise genau daraus wieder hervorkommen, sind einen ganzen Film wert. Zudem sind es hier auch die Geräusche, die zusätzlich Schrecken verbreiten, das Fauchen, Brüllen und geniesserische Schmatzen der Tiere bleibt nachhaltig in Erinnerung (und macht das Wegschaun an bestimmten Stellen sinnlos, da das Gehirn sowieso Bilder im Kopf erschafft).

Schon mit den wilden Teenies überfordert, aber mit den Viechern erst...
Erst grosse Klappe, dann dickes Bein!
Regisseur Randel (unter anderem auch verantwortlich für den seinem Vorgänger ebenbürtigen zweiten „Hellraiser“-Film „Hellbound“, 23 Episoden der rührigen Gruselfernsehserie „X-Factor“ und den weit weniger heftigen Fernseh-Tierschocker „Rattled-Angriff der Klapperschlangen“) hat sein Handwerk beim Independenttrashkönig Roger Corman gelernt, und hier formidabel das umgesetzt, was dessen Werke neben allem Horror ebenfalls immer auszeichnete. Man weiss, daß bald wieder etwas passiert, und dennoch überrascht und schockt es jedes Mal aufs Neue; eine stete Atmosphäre des Grauens hält den Zuschauer im Griff, und es wird konstant und linear an wenig Schauplätzen erzählt; auf sowieso unnötige Ablenkungen durch allzu viel Seitenstränge der Story (selbst das in Slashern allzu oft obligatorische Teenagergefummel gibt’s hier nicht) wird verzichtet. Dazu kommt hier ein, vor allem in den Splattermomenten wirkungsvoller, böser Humor auf Kosten derer, die ohnehin schon in der Klemme stecken- statt Anteil am Schicksal der Protagonisten zu nehmen und mitzuleiden, darf der Zuschauer in „C2“ des öfteren durchaus Schadenfreude empfinden. Ganz grosse Arbeit abgeliefert, Herr Randel, Note eins, und schade, daß Sie sich inzwischen eher vom Genre verabschiedet haben.
Auch bei den Schauspielern ist alles richtig gelaufen, leichtes Overacting ist bei solchen Filmen immer in Ordnung und offenbar auch gewollt gewesen, und der ein oder andere absurde Dialog wird auch gemeistert. Seth Green (immer sehenswert, ob lustig oder ernst) als Aussenseiter unter den Aussenseitern (die ja in Wahrheit alle ganz lieb sind, nur halt von den Eltern und Älteren nicht verstanden werden, wie das bei Teenagern halt so ist) ist so ein bisschen der Held der Geschichte, mausert er sich doch vom Bübchen zum Kämpfer und reisst seine Gruppe (Stark: die Mädchen Ami Dolenz und Virginia Keehne; etwas schwächer: Alfonso Ribeiro als zu aufgesetzter Angeber) mit. Peter Scolari (der trottelige Papa aus der „Liebling,ich habe die Kinder geschrumpft“-TV-Serie) und Rosalind Allen als die, die die Kids eigentlich beschützen sollten, aber dabei ziemlich versagen, spielen genau das jedoch grossartig.
Und Clint Howard (siehe Einleitung, hier als hinterwäldlerischer Marihuanaganove, gejagt von seinem echten Papa Rance in einer kleinen Gastrolle als Sheriff) ist sowieso immer ein Gewinn, da kann er machen, was und wie er will- und in diesem Film darf er nicht nur ganz schön „effektvoll“ auf den Putz hauen, er macht das natürlich auch noch gewohnt toll.
Weitere Nebencharaktere wie der laute aber ziemlich dämliche Drogenobermotz („Sie dürfen mich Sir nennen!“), der mit seiner Knarre mal eben auf die Pestizide feuert und damit den Waldbrand auslöst, und sein auch nicht heller „Diener“ Jerry setzen dem allen noch weitere Kronen auf.


Ihm nützt das beste Haschisch nichts, und sie kriegt auch nichts davon ab!

Fazit:
Viele abgefahrene Einfälle mit vielen schrägen und interessanten Typen-
aber eben auch ein richtig guter (und, wenn man starke Nerven hat, sehr spassiger) Tiermonsterfilm.
Noch ein Pluspunkt: Die ruhig-düstere und nur selten und nur in den richtigen Sequenzen eingesetzte Musik von Christopher L.Stone- der Film hat die im Genre oft so übertriebene und oft zu aufdringlich-laute Nutzung von Klängen eben einfach nicht nötig.






Regie: Tony Randel
Drehbuch: Brent V.Friedman
Basierend auf einer Story von Doug Beswick („Cycle Of Blood“,
bereits aus den Siebzigern)
Kamera: Steve Grass
Musik: Christopher L.Stone
Schnitt: Leslie Rosenthal
Produktionsdesign: Anthony Tremblay
Art Direction: Aram Allen
Szenenbild: Greg Bartkus, Claire Christine Kaufman
Regieassistenz: Ed Licht
Make Up: Jeri Baker, Reese Sutfin, Camille Sutfin
Make Up-Effekte (Leitung): Dan Platt, Greg Nicotero
Spezialeffekte (Leitung): Doug Beswick
Visuelle Effekte (Leitung): Doug Beswick, Howard Berger
Associate Producer: Doug Beswick
Executive Producer: Brian Yuzna
Produktion: Jack F.Murphy
 
Spoiler:
Der Film legt in der letzten Viertelstunde
nochmal mächtig zu und dreht voll auf- in einer spektakulären, wunderbar langen, eklig schönen Verwandlungsszene mutiert der schon tote Ribeiro zur gnadenlos angreifenden Riesenzecke.

Tyler kann die Riesenzecke anzünden, worauf diese in einem Feuerball explodiert, der als Kettenreaktion Benzintanks,
die praktischerweise im Lager stehen, erwischt- ein spektakulärer Riesenrums, und dann... geht es etwas abrupt (fehlen da die vier Minuten, siehe Einletung?), und die überlebenden Städter können flüchten. Zwar verschwinden sie im Nirgendwo, heisst: man sieht nichs weiter von ihnen nach ihrem Verlassen des Waldes, doch ihr Bus erscheint noch einmal im Bild. Er steht in der grossen Stadt, auf einem Schrottplatz, ganz weit hinten, wo ihn niemand beachtet- und an seinem Unterboden klebt ein Schleimbeutel. Der fällt zu Boden, er platzt auf, und er zuckt, und...
Ende.
Bodycount:
- „Brutus“, der Hund von „Panic“ wird von einer Zecke befallen und stirbt. Bei seiner tierärztlichen Obduktion springt eine lebende Zecke aus dem Hund. Es kostet die Ärztin und die anwesenden Tyler und Charles viel Mühe, das Viech einzufangen, anhand dessen die Tierärztin die Bedrohung für alle erkennt (ab Filmminute 30)
- Die Leiche des Sheriffs wird von Melissa und Kenny in einem See gefunden (bei Filmminute 48). Später stellt sich heraus, daß er von Jerry erschossen wurde, weil er den Drogenleuten auf die Spur gekommen war
- Jarvis, dem vorher eine Zecke ins Gesicht gebissen hatte, stirbt kurz nachdem das Viech aus seiner Backe quasi herausexplodiert war, und nur Sekunden bevor er sich wegen der Schmerzen selbst erschiessen will
- „Panic“ stirbt an einem Zeckenbiss ins Bein
(siehe Bild im Text) und wohl auch wegen der Schussverletzung, die ihm zuvor Jerry zugefügt hatte. „Panic“ mutiert später zur Riesenzecke.
- Jerry fährt sich mit einem Auto tot, nachdem er wegen diverser Zeckenbisse begonnen hatte, zu halluzinieren
- „Sir“ wird von der Riesenzecke ausgesaugt
- Tyler findet im Campbus einen Toten, von dem im Film nicht klar wird, wer es eigentlich ist