(27) Veröffentlichung: 29.Mai 2019

PROM NIGHT-Die Nacht des Schlächters
Auch:
Prom Night-Das Grauen kommt um Mitternacht
Kanada, 1980 – Originaltitel: Prom Night – 92 min. – FSK 16
*

Drehzeit: 7.August - 13.September 1979
In den USA startete der Film bereits am 18.Juli 1980 in den Kinos, in seinem Heimatland Kanada dagegen erst am 12.September dieses Jahres; Deutsche Kinopremiere war am 18.Dezember 1980.

* Der Film war noch bis 2009 in D indiziert, nach Wiedervorlage wurde er von der FSK neu bewertet und ungeschnitten ab 16 Jahren freigegeben.

Von links: Kelly, Nick, Jude, Wendy und Robin-
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1974 stirbt die kleine Robin Ann Hammond beim Sturz aus einem Fenster, nachdem sie von vier älteren Kindern (Nick, Jude, Wendy und Kelly) in die Enge getrieben worden war. Obwohl es ein Unfall ist, schließen die Kinder einen Pakt, niemals etwas zu verraten, und so bleibt der Vorfall ungeklärt (der Zuschauer sieht jedoch anhand eines Schattens, daß es einen Beobachter gab).
Sechs Jahre später bereitet man sich auf den Abschlussball an der örtlichen Highschool (die „Prom Night“) vor. Die vier nun Jugendlichen werden von einer verstellten Stimme, die Rache für das Geschehnis von vor sechs Jahren ankündigt, bei Anrufen bedroht. Und schliesslich kommt, was unweigerlich kommen muss: der Tanzabend wird zum Blutbad, und unerbittlich schlägt der Rächer zu, wobei
(ein bisschen Schwund ist ja immer) auch, aus Versehen, Unschuldige dran glauben müssen...


Jamie Lee Curtis, Leslie Nielsen

Es gibt solche Filme, bei denen meint der Freund des geschätzten und gepflegten Horrorfilms (und ist sich sicher), daß man etwas davon (oder wenigstens hier und da einen kleinen Teil davon) schon einmal irgendwo anders und vielleicht mindestens so ähnlich gesehen hat. Solch ein Film ist in manchen Teilen, zugegeben, „Prom Night“, Kanadas (zusammen mit „Blutiger Valentinstag“ aus dem Jahr danach) wohl bekanntester, fraglos bester und gleichzeitig auch noch erfolgreichster Beitrag zur Slasherwelle der frühen Neunzehnhundertachtziger Jahre.
Slasher, das ist, kurz auf den Punkt gebracht, wenn ein gnadenloser Mörder loszieht, um entweder möglichst viele beliebige oder aber eine bestimmte Gruppe von (in diesem Subgenre zumeist) Teenagern abzuschlachten. Doch „Prom Night“ ist auch noch viel mehr- ein lange recht ruhiger Rachethriller von Forma
t (die erste echte Mordszene gibts erst nach einer Stunde) und originell trotz Slashertypischer Kameraführung (viele Szenen aus dem Blickwinkel des Täters).


Er ist wirklich rundum gelungen (inklusive des mit zehn Minuten recht langen Prologs) und umgeht zumeist allzu platte Abkupferungen (eine frühe an „Halloween“ angelehnte „Mädchen in Strasse unterwegs“-Szene ist hier mehr Hommage und wird zudem schnell auf eigene Weise aufgelöst).
„Prom Night“ ist herausragend und in allen Belangen souverän inszeniert (die Szene mit einem zerschlagenen Spiegel- eine Anspielung auf den Sturz Robin Anns' in eine Glasscheibe- als Ankündigung des kommenden Grauens ist meisterlich; und der „Schachzug“, daß Kim, die Schwester der damals getöteten, mit den dafür Verantwortlichen befreundet, ja mit Nick gar zusammen ist, ist regelrecht wunderbar bizarr). Nicht an einer Stelle
ärgert man sich über Ähnlichkeiten mit anderen Werken. Man nimmt es zur Kenntnis und erfreut sich weiter an einem gelungenen und soliden modernen Horrorfilm, der besonders durch seinen bis zum Ende selbst für einen Genrekenner undurchschaubaren „Wer war es?“-Plot überzeugt, seine Spannung minütlich noch steigern kann und mit falschen Spuren und damit Verdächtigen (so ein schon äusserlich gar seltsamer Hausmeister und mehrere grosskotzige Mitschüler) dienen kann. Dabei ist es für den Zuschauer auch keinerlei Hilfe, daß man eben durchaus von Beginn an weiß,
warum diesmal wer sterben muss.
Schliesslich kann auch die Auflösung in allen Belangen überzeugen, und das kann man ja nun nicht von jedem Film des Genres behaupten.


Eddie Benton, Casey Stevens

Links: Maybeth Rubens; rechts: Joy Thompson
Den tatsächlich erst spät (nach glaubhaften Aussagen der Beteiligten sogar erst während der Dreharbeiten) eingefügten Handlungsstrang um einen damals als schuldig angenommenen und ausgerechnet jetzt aus der Haft entkommenen, geistesgestörten Sexualstraftäter hätte es hier gar nicht gebraucht. „Prom Night“ verfügt auch ohne über genug Potential, und die ohne diesen Aspekt fehlenden Minuten wären auch nicht schlimm gewesen. Besonders das finale Drittel des Films läuft auf Hochtouren, vorher muss man eben die ein oder anderen Szenen mit pubertierenden Teenagern und ihrem üblichen Gehabe ansehen. Hier wenigstens ist das alles jedoch sehr ungekünstelt und glaubhaft dargestellt, was man in manch anderem Film ähnlicher Art vermissen muss.
In den blutigen Szenen ist der Film auffallend zurückhaltend, was am kleinen Budget gelegen haben mag, aber überhaupt nicht negativ zu bewerten ist. Ähnlich wie der im selben Jahr (aber später) erschienene erste Teil des Dauerbrenners „Freitag der 13.“ setzte man hier mehr auf den Thrill als auf Splatter, und mehr auf das gute, alte Gruseln und Andeutungen im Halbdunkel, anstatt allzu brutaler Effekte (auch ein rollender, abgetrennter Kopf ändert daran nichts), womit die (neuzeitliche) Einstufung als FSK 16 mehr als in Ordnung geht.

Die unbestrittene „Scream-Queen“ Jamie Lee Curtis als Schwester des damaligen Opfers weiss auch in diesem Film zu überzeugen, und auch, wenn sie hier nicht zu einer der Zielscheiben des offensichtlich irren Mörders wird, ist sie doch die mehr oder weniger sympathische Hauptperson (mit Ecken und Kanten, jedoch eindeutig unverdächtig- obwohl: ein Motiv hätte sie ja). Man schaut ihr gern beim souveränen Agieren (Ausnahme: eine zu lange Tanzeinlage) in der durchgehend logischen Geschichte zu.
Laut dem ursprünglichen Skript sollte sie die Zwillingsschwester der damals getöteten sein, was aber schliesslich so im Film nicht berücksichtigt wurde. Wie Regisseur Paul Lynch später verriet, verdankte der Film letztlich seine Finanzierung wohl besonders ihrer Mitwirkung- die Produktionsfirma hatte auf einen zugkräftigen, bekannten Namen bestanden.
Leslie Nielsen als ihr (und der des damals getöteten Mädchens) Vater, und Schuldirektor, kann ebenfalls (trotz nur recht weniger Auftritte) punkten. Jahre, bevor er als Komiker („Die nackte Kanone“-Reihe) seinen grossen Durchbruch schaffen und spät zu Hollywoods Spitzenverdienern aufsteigen sollte, wusste er durchaus auch in ernsthaften Rollen wie dieser zu überzeugen.



Fazit:
Auch hier wird (wie in Teenagerslashern üblich) zunächst fast (aber eben nur fast) bis an die Nervgrenze geknutscht, gefummelt und gekifft, doch das vergeht den Teenies schnell, wenn ihre Nacht der Nächte zur Nacht des Schlächters wird. „Prom Night“ ist zeitloser und origineller Slasher, wie er besser nicht oft gelang.
Bis zum grossartigen und selten tragischen Ende (siehe Bodycount) ein klasse Film.
Darsteller:
Leslie Nielsen (als Mr.Hammond) – Deutsch: Heinz Petruo
Jamie Lee Curtis (als Kim Hammond) – Deutsch: Madeleine Stolze
Casey Stevens (als Nick McBride) – Deutsch: Uwe Paulsen
Eddie Benton
* (als Wendy Richards) – Deutsch: Marianne Lutz
Joy Thompson (als Jude Cunningham) – Deutsch: ?
Maybeth Rubens (als Kelly Lynch) – Deutsch: ?
Michael Tough (als Alex Hammond) – Deutsch: Thomas Petruo
David Mucci (als Lou Farmer) – Deutsch: Frank Glaubrecht
George Touliatos (als Lieutenant McBride)
Deutsch: Horst Schön
Die Kinder:
Tammy Bourne (als Robin Ann), Brock Simpson (als Nick), Leslie Scott (als Wendy),
Karen Forbes (als Jude), Joyce Kite (als Kelly)
u.A.

* Ist Eddie Benton auch ihr richtiger Name, so ist sie seit 1981 doch nur noch unter dem Namen Anne-Marie Martin als Schauspielerin und Drehbuchautorin tätig.

(Für Vergrösserung anklicken)
Regie: Paul Lynch
Drehbuch: William Gray
Story: Robert Guza jr.
Kamera: Robert New
Musik: Carl Zittrer, Paul Zaza
Schnitt: Brian Ravok
Art Direction: Reuben Freed
Szenenbild: Jo-Ann Chorney, Robin Collyer
Make Up: Jenny Arbour, Kathleen Mifsud
Spezialeffekte: Allan Cotter, Warren Keillor
Regieassistenz: Steve Wright
Produktion: Peter Simpson

Drei sich als solche bezeichnende Fortsetzungen (Produktionsjahre: 1987, 1989 und 1992), die aber handlungstechnisch wenn überhaupt nur sehr wenig mit dem Original zu tun haben (auch taucht kein Schauspieler aus dem Original in einem der Teile wieder auf), sondern nur den griffigen Titel (be)nutzen, sind inzwischen (unter teils verschiedenen Namen für ein und denselben Film) veröffentlicht.
Keiner dieser Filme lohnt allerdings auch nur ansatzweise das Anschauen.
Ein Remake aus dem Jahr 2008 schliesslich ist so überflüssig wie ein Kropf und so grottenschlecht, daß einem (nur) davon das Grausen (und das Heulen) kommt.


Mit Pistole: George Touliatos; dahinter: Panik!



Spoiler:
Der Mörder ist Alex Hammond (Michael Tough, auf dem Foto unten mit Jamie Lee Curtis), also der Bruder des damals ums Leben gekommenen Mädchens (und Bruder von Hauptfigur Jamie Lee Curtis/Kim). Er musste den Tod seiner kleinen Schwester mit ansehen und erkannte die Täter.
Denkt man nun vielleicht unwillkürlich, das hätte auf der Hand gelegen, gelingt es dem Regisseur, ihn Zeit des Films als Randfigur und unverdächtig erscheinen zu lassen, was Tough durch sein zurückhaltendes Spiel noch gelungen unterstützt.



Bodycount:
- Robin Ann Hammond (siehe Prolog)
- Krankenschwester (wird vom entflohenen Sexualverbrecher- siehe Text- erstochen; Tat wird im Film nicht gezeigt)
- Kelly Lynch (Alex schneidet ihr mit einer Glasscherbe die Kehle durch)
- Jude Cunningham (Alex ersticht sie im Beisein ihres Freundes Seynour)
- Seymour (Kelly's Freund, stürzt bei der Flucht vor Alex mit seinem Wagen in eine Schlucht und verbrennt- quasi ein Unfall)
- Wendy Richards (Alex tötet sie mit einer Axt)
- Lou Farmer (Da Lou die „Krone“ des Ballkönigs von Nick stiehlt und aufsetzt, hält Alex ihn für Nick und Köpft ihn mit der Axt- also ein „Versehen“)
- Alex Hammond (wird, als sie, da er seine Sturmhaube trägt, noch nicht weiss daß er es ist, von seiner Schwester Kim mit der Axt tödlich verletzt, da diese Nick beschützen will. Im Todeskampf erzählt er ihr, warum er zum Mörder wurde)

(Ein für Slasher typischer) Logikpatzer:
Auf der Flucht vor Alex rennt Wendy quer durch die Schule, statt dahin, wo die Abschlussfeier stattfindet (was bei Beginn ihrer Flucht ganz in ihrer Nähe sein muss, da man die Musik von dort deutlich hören kann)