(25) Veröffentlichung: 24.Mai 2019

USA, 1979 – Originallänge: 83 min. (ohne FSK)/Kino D: 78 min. (FSK 16)
Originaltitel: Don’t Go In The House

Seine Weltpremiere erlebte der Film bereits im November 1979 auf dem Pariser Festival of Fantastic Films.
Kinopremiere in den USA war dann aber erst am 28.März 1980, in D schliesslich am 3.Oktober 1980.



Donny Kohler hat, obwohl sie ihn als Kind gerne für Nichtigkeiten bestrafte und mit Feuer quälte, nach ihrem Tod eine seltsame Bindung mit seiner Mutter, er hört ihre Stimme, die ihm Befehle gibt, und ihre Leiche hat er, statt sie zu beerdigen, in seinem Haus verwahrt. Auch hört er noch weitere Stimmen, die ihn gegen seine Mutter „aufwiegeln“ und zu seinen Taten ermuntern. Innerhalb einer Woche lockt er, was ihm dank seines umgänglichen Wesens keine grossen Schwierigkeiten bereitet, drei junge Frauen zu sich, und seine Absichten sind dabei ganz und gar nicht von der freundlichen Art. Erst scheint er Feuer und Flamme für sie zu sein, dann müssen sie im wahrsten Sinne der Worte das für ihn werden- er verbrennt sie bei lebendigem Leib und verwahrt auch ihre Leichen im Haus.
Nur sein Kollege Bobby und ein Priester erkennen, daß er Hilfe braucht, doch ist es dafür wohl schon zu spät...

(Spoiler siehe ganz unten)

Der kleine und der grosse Donny (Colin McInness/Dan Grimaldi)


Auch, wenn hier der deutsche Dummschreierischtitelvergeber mal wieder ganze Arbeit geleistet hat (denn lebende Leichen kommen in diesem Film nur selten und nur in den Halluzinationen der Hauptfigur Donny vor, die Ankündigung solcher war aber zur damaligen Zeit dennoch immer wieder gern genutzt), so ist der Film mit dem treffenden und so viel besser passenden Originaltitel „Gehe nicht in das Haus“ doch ein richtig schön-böser und selten abgefahrener Psychopathenstreifen, der zudem künstlerisch interessant und gelungen aus der Sicht des Killers erzählt wird. Zwar bedient das Drehbuch sich gerne auffällig an manch bereits bekanntem Motiv, doch setzt der Film diese so frisch-fröhlich und unbekümmert-kurz und kurzweilig neu zusammen, daß er, auch weil wir von Anfang an den Täter kennen, einen ganz eigenen, grimmigen Charme entwickelt. Immerhin Quentin Tarantino setzte den Film 1996 auf die Playlist seines ersten eigenen Filmfestivals in Texas.

Trotz des geringen Budgets, was man sehr gut an der eher bescheidenen Ausstattung erkennen kann, sind die Effekte und Masken sehr gut gemacht. Manch ungewollt Grinsattacken auslösenden Moment angesichts der Nebendarstellerleistungen (auch ängstliches Schreien will gelernt sein) verzeiht man, da die Hauptdarsteller überzeugen. Dan Grimaldi (heute vor allem bekannt aus einer Doppelrolle in der Fernsehserie „Die Sopranos“) spielt den Psychopathen in einer überzeugend-bizarren Mischung aus zunächst schüchtern-amüsantem Gentleman und jemandem, dem seine späteren Opfer vertrauen, dem sie bis in sein Haus folgen, ohne Angst oder Bedenken, kurz: als Sympath- dann aber wird er zum gnadenlosen Folterer und Mörder, und seine Falle schnappt zu. Er muss seine Opfer nicht, wie so manch anderer Filmbösewicht, überfallen und entführen, er muss auch nicht warten, daß sie sich zu ihm verlaufen- sie folgen ihm zunächst freiwillig. Das ist ein geschickter und gleichzeitig verstörender Schachzug der Inszenierung, und macht sein Tun nur umso schlimmer erträglich für den Zuschauer, Auch den in „hellen“ Momenten hilfesuchenden Donny spielt Grimaldi glaubhaft. Osth (als sein Kollege und einziger Freund) und Bowman (als ein Priester aus dem Bilderbuch) spielen die ehrlichen Freunde und bemühten Helfer grossartig. Ihnen ist bis zum Schluss nicht bewusst, welch Geheimnis Donny verbirgt, doch der Zuschauer ist sich sicher, daß sie ihm auch mit dem Wissen um seine Taten genauso zur Seite stehen würden.

Die Mutter (Ruth Dardick)
Das erste Opfer (Johanna Brushay)


Der Film hat eine intensive Atmosphäre, und zeigt vor allem in der ersten Hälfte mehr unmittelbares und schnelles Handeln als einen langen Spannungsaufbau, was ihm aber nicht abträglich ist. Das ist ungewöhnlich, vielleicht auch für den ein oder anderen gewöhnungsbedürftig, doch wenn man dem Film seine (verdiente) Chance gibt, wird man schnell seine Stärken erkennen. Anfangs bleibt nicht viel Zeit, um mal gross durchzuatmen, die Geschichte wird Schlag auf Schlag konsequent durchgespielt, doch bleibt die geschädigte Psyche des Täters dennoch nachvollziehbar. Erst in der zweiten Hälfte wird das Tempo kurzzeitig etwas gedrosselt und ein paar Rückblenden kommen dazu, zum Schluss aber nimmt der Film wieder kräftig Fahrt auf. Besonders jetzt geschieht vieles in Donny’s Kopf, seine Opfer werden (für ihn) plötzlich wieder lebendig und sein Wahn treibt ihn schliesslich dazu, Fehler zu begehen.
Das (scheinbare) Ende übrigens lässt, für Genrekenner fast unerwartet, keine Fortsetzung zu, doch folgt noch ein origineller Kniff als Epilog.


Es wurde tatsächlich das bestmögliche aus den bescheidenen Mitteln und gegebenen Umständen herausgeholt, und ein alles in allem unter die Haut gehender, eigenständiger Film abgeliefert. Der Film ist überraschenderweise eher zurückhaltend mit schockierenden Szenen (sowohl in Anzahl als auch in Explizität, in der gekürzten deutschen Fassung umso mehr)- abgesehen vom ersten Mord, der dann doch recht detailliert gezeigt wird. Dennoch löste der Film aufgrund der „Verbrennungsszenen“ in den USA Kontroversen aus und ist erst seit 2011 in seiner ungeschnittenen Fassung erhältlich, diese aber immer noch nicht als offizielle deutsche Veröffentlichung (man kann sich aber, wenn man auf jeglichen Splatteranteil verzichten will, gut die gekürzte deutsche Version anschauen, die zudem eine superbe Synchronisation aufweist).

Sie wollen Donny helfen... (Links: Robert Osth; rechts: Ralph D.Bowman)
...die wohl eher nicht.


Fazit:
Ein (ziemlich unbekannt gebliebener) Film, der richtig was drauf hat, allerdings wohl eher für Freunde des
etwas anderen Horrorfilms geeignet ist. Der Verzicht auf eine „normale“ Horrorfilmmusik (man hört, bis auf wenige Endsiebzigersongs, nur so etwas wie sphärische Klangkompositionen) rundet den sehr guten Gesamteindruck ab.

Darsteller:
Dan Grimaldi als Donald „Donny“ Kohler – Deutsch: Ekkehardt Belle
Robert Osth als Bobby Tuttle – Deutsch: Pierre Franckh
Ralph D.Bowman als Priester Gerritty – Deutsch: Wolf Ackva
Ruth Dardick als Donnys Mutter – Deutsch: ?
Johanna Brushay als Kathy Jordan – Deutsch: ?
Colin Mclnness als junger Donald Kohler – keine Sprechrolle
u.a

Regie: Joseph Ellison
Drehbuch: Joseph Ellison, Ellen Hammill, Joseph R.Masefield
Story: Joseph R.Masefield
Kamera: Oliver Wood
Musik: Richard Einhorn
Schnitt: Jane Kurson
Produktionsdesign: Peter Zsiba
Art Direction:  Sarah Wood
Szenenbild: Richard DeStefano, Uzi Parnes, Bob Wiederhorn
Spezialeffekte: Peter Kurtz, Matt Vogel
Make Up-Effekte: Tom Brumberger
Kostüme: Sharon Lynch, Marlene Edelstein
Regieassistenz: Monica Lange
Produktion: Ellen Hammill





Spoiler:
Bobby und der Priester folgen Donny, der in Bobbys Beisein eine Frau angegriffen hatte, eines Nachts in sein Haus und können zwei Anhalterinnen, die seine nächsten Opfer werden sollten, befreien.
Donny, der von den Leichen seiner Mutter und seiner drei Opfer „angegriffen“ wird (beziehungsweise in seiner Phantasie) zündet diese an, und kommt dabei selbst in den Flammen ums Leben.
Irgendwo wird derweil ein kleiner Junge von seiner Mutter verprügelt, und hört plötzlich Stimmen...
Ende.

Bodycount:
Donnys Mutter (natürlicher Tod)
Drei Opfer (siehe Inhaltsangabe)
Donny selbst (siehe Spoiler)